Workshop bei ÖRK-VV: Recht auf Kriegsdienst­verweigerung wird in vielen Ländern verhindert

In vielen Ländern der Welt wird das Recht auf Kriegsdienstverweigerung verhindert oder stark eingeschränkt. Darauf wiesen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Workshops der Evangelischen Friedensarbeit im Rahmenprogramm der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) in Karlsruhe hin.

„Kriegsdienstverweigerung ist ein Menschenrecht“, machte Zaira Zafarana klar. Die Italienerin ist seit 2017 offizielle Vertreterin des Internationalen Versöhnungsbundes bei den Vereinten Nationen in Genf. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit steht die Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen. Dieses Grundrecht habe die Menschenrechtsdeklaration ebenso festgestellt wie viele andere völkerrechtliche Vereinbarungen. „Das bedeutet, hier äußern Menschen nicht einen Wunsch, hier nehmen sie ein Recht wahr“, betonte sie nachdrücklich.

Dennoch würde dies von vielen Staaten missachtet, junge Menschen würden aus diesem Grund fliehen, so beispielsweise aus Eritrea, ohne dass dies gerade in Europa als Asylgrund anerkannt werde, kritisierte Zaira Zafarana. In Südamerika würden junge Menschen, die keinen Militärdienst geleistet hätten, keinen Zugang zur öffentlichen Verwaltung erhalten, in der Türkei hätten Kriegsdienstverweigerer keinerlei politischen Rechte. „So sieht das aktuell aus“, beklagte sie.

Auch im Krieg in der Ukraine würde dies eine wichtige Rolle spielen. „In der Ukraine wollen viele junge Männer kein Soldat werden, dies wird ihnen verweigert, die Ukraine hat das Recht auf KDV mittlerweile suspendiert. Jetzt besteht hier keine Möglichkeit mehr, den Dienst zu verweigern“, erläuterte Zaira Zafarana. Die Situation in Russland sei nicht anders, zumal hier Berufssoldaten betroffen sei. Allen, die aufgrund dieses Konflikts verweigern wollten, drohe Verfolgung und Bestrafung. „Das alles macht deutlich, dass für viele Menschen in der Welt Kriegsdienstverweigerung auch eine Gefahr fürs Leben bedeuten kann“, machte sie in Karlsruhe deutlich.

Ein Land, in dem sich die Situation mittlerweile positiv verändert hat, ist Südkorea. Hier hatte es bei der vergangenen ÖRK-Vollversammlung im koreanischen Busan 2013 eine heftige Diskussion über dieses Thema gegeben, wie der frühere EKD-Friedensbeauftragte Renke Brahms betonte. „Die Kirchen in Korea wollten dieses Thema nicht aufgreifen, eine Diskussion darüber war für sie unverständlich“, erläuterte er.

Doch da hat sich einiges getan. „Mittlerweile gibt es hier eine Alternative für junge Menschen zum Militärdienst“, meinte Jinsu Kim von der Presbyterianischen Kirche in Südkorea. Statt zwei Jahren Militärdienst können Männer hier nun drei Jahre Dienst in Gefängnissen oder Haftanstalten leisten. Früher mussten in Südkorea Kriegsdienstverweigerer für 18 Monate in Haft.

Kim wies darauf hin, dass der Oberste Gerichtshof hier entschieden habe, dass religiöse oder moralische Bedenken legitime Gründe für eine Kriegsdienstverweigerung sein könnten. „Die Länge dieses Ersatzdienstes ist umstritten, aber es gibt hier Bewegung“, meinte er. In den koreanischen Kirchen werde über diese Frage allerdings immer noch nicht gesprochen, allerdings hätten immerhin die Mennoniten und die Quäker in Südkorea hier die Kriegsdienstverweigerung unterstützt, so Kim.

In Deutschland ist das Thema Kriegsdienstverweigerung in den Hintergrund getreten. „Dennoch gibt es auch hier weiterhin Menschen, die den Dienst mit der Waffe aus Gewissensgründen verweigern“, betonte Wolfgang M. Burggraf, der Geschäftsführer der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK), eine der wenigen Organisationen in Deutschland, die noch Kriegsdienstverweigerer berät.

Hier seien es meist Reservisten oder aktive Soldaten, die den Kriegsdienst verweigern würden. Gerade bei aktiven Soldaten bedeute dies oft auch, sich in Gerichtsverhandlungen dafür rechtfertigen zu müssen, so Burggraf. Aber natürlich habe sich die Zahl der Beratungen deutlich reduziert, die EAK lege nun auch ihr Augenmerk auf Friedensbildung, beteilige sich an der Kampagne, Minderjährige nicht zum Wehrdienst zuzulassen oder die Kritik an der Werbung der Bundeswehr bei noch minderjährigen Schulabgängern.

„Es ist oft so, dass in vielen Ländern Militär eine große Tradition hat oder auch eine militärfreundliche Kultur herrscht. Hier müssen wir auch dagegen arbeiten und eine Zivilkultur fördern“, meinte Zaira Zafarana. Dies sei auch eine wichtige Aufgabe der Kirchen, meinten viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops im Zentrum für Frieden und Gerechtigkeit in Karlsruhe. Eine Forderung, die Renke Brahms unterstützte. „Gerade die deutschen Kirchen haben hier, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte, eine Verpflichtung, dieses Thema aufzugreifen und immer wieder anzusprechen“, so der frühere EKD-Friedensbeauftragte.