Russland: Organisationen fordern Freilassung aller Kriegsdienst­verweigerer

Das Europäische Büro für Kriegsdienstverweigerung (EBCO), Connection e.V. (Deutschland), der Internationale Versöhnungsbund (IFOR) und die War Resisters’ International (WRI) verurteilen nachdrücklich, dass die russischen Behörden eine große Zahl von Soldaten und Mobilisierten in einer Reihe von Zentren in den von Russland kontrollierten Gebieten der Ukraine festhalten, weil sie sich weigern, am Kriegseinsatz in Russland teilzunehmen. Berichten zufolge setzen die russischen Behörden Drohungen und Folter ein, um die Inhaftierten zur Rückkehr an die Front zu zwingen.

Die vier Organisationen unterstützen die von der russischen demokratischen Jugendbewegung VESNA initiierte Petition Russland, stoppt die illegale Inhaftierung! Lassen Sie die in der Ukraine inhaftierten Kriegsdienstverweigerer frei. Die Organisationen weisen darauf hin, dass Soldaten, die sich für ihre Verweigerung unter anderem auf Gewissensgründe berufen, nach internationalem Recht als Kriegsdienstverweigerer gelten. Diejenigen, die sich ausdrücklich gegen den Krieg in der Ukraine aussprechen, gelten als Kriegsdienstverweigerer, unabhängig davon, ob sie sich selbst dazu bekennen oder nicht.

Laut Meldung von VESNA (Движение Весна) hatten im Januar diesen Jahres Journalisten die Existenz von 13 solcher Gefängnisse bestätigt, "in denen nach Angaben von Angehörigen mehr als 600 Personen festgehalten werden: 1. Zaytseva, Provinz Luhansk; 2. Zavitne Bazhanya, Provinz Donezk; 3. Dokuchayevsk, Provinz Donezk; 4. Perevalsk, Provinz Luhansk; 5. Rubezhnoy, Provinz Luhansk; 6. Kremennaya, Provinz Luhansk; 7. Staromljnowk, Provinz Donezk; 8. Starobelsk, Provinz Luhansk; 9. Golubowka, Provinz Luhansk; 10. Bryank, Provinz Luhansk; 11. Nowtroizk, Provinz Donezk; 12. Makarowo, Provinz Luhansk; 13. Amwrosiwsk, Provinz Donezk."

Die Inhaftierungen in diesen Gefängnissen sind rechtswidrig, da sie nicht auf einem Gerichtsbeschluss beruhen. Die Inhaftierungen sind auch willkürlich, weil sie das Recht der Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit nach Artikel 18 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (entsprechend in den Artikeln 28 und 59 der russischen Verfassung) missachten. Sie stellen somit auch eine Verletzung von Artikel 9 des Internationalen Paktes dar.

"Mobilisierte werden unter entsetzlichen Bedingungen gehalten", so VESNA. "Ihnen wird mit Folter und Hinrichtung gedroht, sie erhalten keine medizinische Hilfe und keine Nahrungsmittel. Auf diese Weise versuchen die russischen Behörden, sie zur Rückkehr an die Front zu zwingen, obwohl sie weder eine angemessene Ausbildung noch eine Grundversorgung erhalten haben."

"Die Inhaftierung von Kriegsdienstverweigerern ist ein eklatanter Verstoß gegen ihr Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, das in Artikel 18 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte garantiert wird und das gemäß Artikel 4 Absatz 2 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte in Zeiten des öffentlichen Notstands unantastbar ist. Alle diese Verweigerer aus Gewissensgründen sind Gefangene aus Gewissensgründen und sollten unverzüglich und bedingungslos freigelassen werden", erklärte Alexia Tsouni, EBCO, heute.

"Wir erinnern die russische Regierung daran, dass sie das Recht auf Kriegsdienstverweigerung, auch in Kriegszeiten, in voller Übereinstimmung mit den europäischen und internationalen Standards schützen sollte", fügte Rudi Friedrich, Connection e.V., hinzu.

"Wir erinnern die russischen Behörden auch daran, dass das Recht auf Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen nach den internationalen Standards genauso für professionelle Mitglieder der Streitkräfte wie für Wehrpflichtige, wie es unter anderem vom OHCHR3, der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE)4, dem Ministerkomitee des Europarates5 und dem Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) der OSZE6 ausdrücklich anerkannt wurde", betonte Zaira Zafarana, IFOR.

"Das Widerspruchsrecht gilt auch für selektive Verweigerer, die der Meinung sind, dass die Anwendung von Gewalt unter bestimmten Umständen gerechtfertigt ist, unter anderen aber nicht"7, erklärte Semih Sapmaz, WRI.

Die vier Organisationen weisen darauf hin, dass Alan Mitchell, Präsident des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter (CPT), erklärt hat, dass "die russischen Behörden wirksame Maßnahmen ergreifen müssen, um Folter und andere Formen der Misshandlung von Personen, denen die Freiheit entzogen ist, in Strafvollzugsanstalten, Gefängnissen, militärischen Hafteinrichtungen, psychiatrischen Krankenhäusern, Sozialeinrichtungen und anderen Orten des Freiheitsentzugs zu verhindern, unabhängig davon, ob sie sich auf dem Gebiet der Russischen Föderation oder in Gebieten auf dem Gebiet der Ukraine befinden, über die die Russische Föderation die tatsächliche Kontrolle ausübt."6

Die Organisationen prangern alle Fälle von Zwangsrekrutierung und gewaltsamer Rekrutierung für die Armeen beider Seiten sowie alle Fälle von Verfolgung von Kriegsdienstverweigerern, Deserteuren und gewaltlosen Kriegsgegner*innen an.

Unterzeichnen Sie die VESNA-Petition hier: https://www.change.org/p/russia-stop-illegal-detention-release-conscientious-objectors-jailed-in-ukraine

Unterstützen Sie die #ObjectWarCampaign: Russland, Belarus, Ukraine: Schutz und Asyl für Deserteure und Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen.