Plädoyer für eine „deeskalierende Sicherheitsarchitektur“ zur Eindämmung der Gewalt

Für ein Konzept nachhaltiger, zivil-polizeilicher Sicherheit hat die frühere Verteidigungsministerin der Zentralafrikanischen Republik (ZAR), Marie-Noelle Koyara (Bangui, ZAR) plädiert. Koyara war Referentin bei der Tagung „Weltinnenpolitik und Internationale Polizei - Von militärischer zu ziviler und polizeilicher Sicherheitspolitik“ der Evangelischen Akademie Baden in Bad Herrenalb.

„Wesentlich bei diesem Konzept ist der gezielte Dialog zwischen Polizei-Einheiten und der lokalen Bevölkerung“ berichtete Koyara. Dabei werde die Polizei in der Zentralafrikanischen Republik regelmäßig von zivilen Friedensfachkräften begleitet. Ein wichtiges Anliegen sei es, den Einsatz von Waffengewalt zu reduzieren, um dadurch insgesamt den Bestand an Waffen in dem krisengeschüttelten Land Zentralafrikas zu verringern. 

Im Hinblick auf die Situation in Afghanistan und die frühere Bekämpfung der Terror-Milizen in Zentralafrika erklärte die frühere Verteidigungsministerin: „Eine militärische Intervention von außen kann sinnvoll sein, aber sie muss zeitlich klar begrenzt und mit einer Exit-Strategie verknüpft werden“. Endgültige Lösungen kämen nie von außen, vielmehr müsse die Sicherheitslage langfristig von innen und unter Berücksichtigung regionaler Gegebenheiten geklärt werden. Problematisch sei vor allem, dass ausländische Akteure oft nicht genügend die kulturellen Mechanismen im Konfliktgebiet kennen würden. 

Auch die Religion berge ein großes Potenzial zur Versöhnung unterschiedlicher Volksgruppen – „sofern sie nicht missbraucht wird, um die eigenen politischen Interessen durchzusetzen“, erklärte Koyara. Um diesen Missbrauch von Religion habe es sich in der Vergangenheit gehandelt, wofür fälschlicherweise die Bezeichnung „Religionskrieg“ verwendet worden sei. Deshalb sei es ermutigend, dass die Badische Landeskirche mit ihrem Konzept „Sicherheit neu Denken“ ein aus den Religionen heraus entwickeltes Szenario für die friedliche Entwicklung anbiete. Die Sicherheitspolitik ihres Landes ist in weiten Teilen praktisches Beispiel dieses Szenarios, das dort wichtige Impulse setzt. 

Koyara plädiere auch für ein größeres Engagement Deutschlands. Insbesondere ohne Kolonialgeschichte und geopolitischen Interessen sei Deutschlands Kooperation nicht belastet. Nach der Überwindung unmittelbarer kriegerischer Gewalt und mit einer neuen, demokratisch legitimierten Regierung stehe die Zentralafrikanische Republik vor dem Neubeginn einer wirtschaftlich-sozialen Entwicklung. Dazu wünscht sich Koyara eine starke Partnerschaft in Expertise und Finanzierung aus Deutschland. 

Marie-Noelle Koyara (Jg. 1955) war von 2015 bis Juli 2021 Verteidigungsministerin der Zentralafrikanischen Republik. Von 2013 bis 2015 war sie Ministerin für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, anschließend Staatsministerin für Arbeit und Sozialwesen, womit sie als erste Frau ein Staatsministerium in dem afrikanischen Land leitete. Mit einer interreligiösen Plattform baute sie beispielhafte Projekte für eine neue gewalt-deeskalierende Sicherheitsarchitektur, in der nationale und regionale Gendameriekräfte gemeinsam mit zivilen Friedensfachkräften wirken.