Kriegsdienst­verweigerer brauchen Hilfe und Unterstützung

Mit dem Krieg in der Ukraine ist auch die Kriegsdienstverweigerung wieder zu einem Thema in Politik, Gesellschaft und Kirche geworden. Darauf wies die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK) bei ihrer Mitgliederversammlung hin. „Junge Menschen aus den an diesem Krieg beteiligten Länder suchen Schutz und Hilfe vor einer Einberufung und einem Kriegseinsatz. Aber auch in Deutschland nehmen die Anfragen für eine Beratung zu“, so Michael Zimmermann, der dem Vorstandsteam der EAK angehört.

Bei der Mitgliederversammlung der EAK, die online tagte, berichtete Rudi Friedrich vom Kriegsdienstverweigerungsnetzwerk Connection e. V. über die aktuelle Situation. „Es gibt mehr als 150.000 russische Militärdienstpflichtige und Deserteure, die den Angriffskrieg ablehnen. Schätzungsweise 22.000 belarussische Militärdienstpflichtige haben ihr Land verlassen, weil sie sich nicht an einem Krieg in der Ukraine beteiligen wollen. Und 170.000 junge Ukrainer sind vor einer drohenden Einberufung geflohen und hoffen auf Schutz in den Zufluchtsländern“, so Rudi Friedrich. Für ihn ist klar, dass diese Menschen dringend eine klare Zusage der Bundesregierung wie auch der EU brauchen, dass ihre Militärdienstverweigerung in Asylverfahren anerkannt und ihnen ein Flüchtlingsschutz garantiert werde, so der Connection-Sprecher. Darum hat das Netzwerk zusammen mit vielen anderen Gruppen, darunter auch die EAK, zu Aktionen am 15. Mai, dem Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung aufgerufen, um auf dieses Problem aufmerksam zu machen. So sollen in Berlin mehr als 36.000 Unterschriften an die Europäische Kommission übergeben werden, mit der ein Schutz für all diejenigen gefordert wird, die in Russland, Belarus und der Ukraine den Kriegsdienst verweigern.

„Die EAK unterstützt diese Aktion nachdrücklich“, machte Michael Zimmermann, der auch Beauftragter für Friedens- und Versöhnungsarbeit der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens ist, bei der EAK-Mitgliederversammlung deutlich. Es sei wichtig, dass in der Öffentlichkeit, aber auch bei den politisch Verantwortlichen auf dieses Problem aufmerksam gemacht werde, so das EAK-Vorstandsmitglied.

Unterstützung für die Forderung nach einem Schutz für alle, die in Russland, Belarus und der Ukraine den Kriegsdienst verweigern, gibt es auch vom Friedensbeauftragten des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Friedrich Kramer. „Kriegsdienstverweigerung ist ein Menschenrecht“, so der EKD-Friedensbeauftragte. Wer aus Gewissensgründen den Dienst mit der Waffe ablehne und dem dafür Verfolgung drohe, der brauche Unterstützung und Hilfe, unterstrich Friedrich Kramer. „Dazu gehört auch, dass den Betroffenen, denen eine Flucht gelingt, in Deutschland und der Europäischen Union großzügig Asyl gewährt wird“, fordert der Landesbischof. Hier sei es wichtig, dass die Bundesregierung wie auch die Europäische Kommission klare Vorgaben machen würden.

„Die jetzige Regelung reicht da nicht aus. Auch wenn der Deutsche Bundestag nun die Bundesregierung aufgefordert hat, an russische Soldaten den Appell zu richten, die Waffen niederzulegen, und darauf hinzuweisen, dass ihnen der Weg ins deutsche und europäische Asylverfahren offensteht, so haben diese Betroffenen dennoch große Schwierigkeiten, da nun auch als Betroffene anerkannt werden“, kritisiert der EKD-Friedensbeauftragte. Denn bisher würde in den Asylverfahren nur dann eine Kriegsdienstverweigerung als Asylgrund anerkannt, wenn ein solcher Antrag noch im eigenen Land gestellt worden sei. „Doch die Personen, die das machen, können Russland nicht mehr verlassen, ihnen droht Gefängnis“, unterstreicht der EKD-Friedensbeauftragte. Dies sei nicht haltbar.

Die aktuelle Situation für Kriegsdienstverweigerer und Deserteure aus Russland, Belarus und der Ukraine kritisiert auch die Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF). „Angesichts des Krieges in der Ukraine brauchen Flüchtlinge, Deserteure und Kriegsdienstverweigerer unbedingten Schutz, Unterstützung und Hilfe“, betont Jan Gildemeister, der AGDF-Geschäftsführer. Hier sei die Bundesregierung gefordert, Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Betroffenen ein dauerhaftes Bleiberecht eröffnen würden. „Die jetzige Regelung ist da völlig unzureichend, es braucht dringend verbindliche Regelungen“, macht der AGDF-Geschäftsführer deutlich. Die Betroffenen würden ein großes Risiko auf sich nehmen, um sich einem Militärdienst zu verweigern, eine Aufnahmeregelung in der EU würde ihnen dagegen eine Zukunftsperspektive eröffnen, unterstreicht Jan Gildemeister. Sein Friedensverband unterstütze daher nachdrücklich die Aktionen der Friedensbewegung zum Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung.