Gegen das Vergessen der Hotspots in der Ägäis

Das Leid und der Tod von Geflüchteten in der Ägäis, die wiederkehrenden Berichte von Menschenrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen u.a. durch Pushbacks und die zunehmende Militarisierung der EU-Grenzsysteme wollen die katholische Friedensbewegung pax christi und die Evangelische Friedensarbeit wieder in den Fokus der Öffentlichkeit zurückholen. Bei einer Multiplikator:innen-Reise nach Athen und Lesbos, die von pax christi und der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für KDV und Frieden (EAK) vom 24. September bis zum 1. Oktober organisiert wird, werden die Teilnehmenden Einblicke in das europäische Grenzregime erhalten, unter anderem in Gesprächen mit lokalen Nichtregierungsorganisationen und politisch Verantwortlichen. Die Abschottungspolitik der EU und ihre Folgen für die Geflüchteten sind seit einigen Jahren fester Bestandteil der christlichen Friedensarbeit beider Organisationen.

„Wir dürfen die Geflüchteten an den EU-Außengrenzen nicht vergessen. Schutzsuchende werden dort in mit Stacheldraht umzäunten Closed Controlled Access Centers untergebracht. In diesen Lagern herrschen weiterhin schlechte hygienische Bedingungen und den Menschen wird der Zugang zu einem fairen Asylverfahren verwehrt. Solcher Umgang mit Menschen widerspricht den europäischen Werten“, kritisiert der pax christi-Präsident Bischof Peter Kohlgraf.

„Direkt vor unserer Haustür herrscht großes Elend“, mahnt auch der Friedensbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Friedrich Kramer. Zwei Jahre nach den Bränden im Lager Moria auf Lesbos müssen weiterhin mehr als tausend Menschen in Zelten ausharren. Lesbos ist zu einem Synonym für katastrophale, menschenunwürdige Verhältnisse geworden, betont der EKD-Friedensbeauftragte und macht deutlich: „In politischen Diskussionen um die sog. Sicherung der EU-Außengrenzen scheint manchmal in Vergessenheit zu geraten, dass es um Menschenleben geht, nicht selten um die verletzlichsten, wie Kinder und Frauen.“

Entlang der tödlichsten Außengrenze der Welt werden Maßnahmen gegen Schutzsuchende zunehmend verschärft und die EU Außengrenze zunehmend abgeriegelt und militärisch gesichert. „Es kommt zum Beispiel in der Ägäis immer wieder zu Pushbacks, bei denen Geflüchtete zum Beispiel in Rettungsinseln schutzlos aufs Meer zurückgeschickt werden“, kritisiert Kohlgraf. Zumindest indirekt sei auch Deutschlands an diesen illegalen Zurückweisungen beteiligt, etwa durch die Unterstützung für die Grenzschutzagentur FRONTEX durch die Bundespolizei wie auch durch Rüstungsexporte für die griechische Küstenwache.

„Es ist wichtig, diesem menschenverachtenden System etwas entgegenzusetzen“, fordert auch Landesbischof Kramer. Das humanitäre Gesicht Europas zeige sich in den vielen Engagierten, die mit unterschiedlichen Mitteln versuchen würden, Gerechtigkeit herzustellen, Menschen aus Seenot zu retten und eine Rechtsberatung für Geflüchtete zu organisieren, betont Kramer, der auch deutlich macht: „Es ist notwendiger denn je, die Stimme zu erheben, um das derzeitige System anzuklagen und ein neues einzufordern, das sich an den Menschenrechten orientiert und die Würde jedes Menschen anerkennt.“ 

„Handeln ist dringend notwendig“, fordert Bischof Peter Kohlgraf. Hier müsse jeder im Rahmen seiner eigenen Möglichkeiten aktiv werden und dabei nicht zwischen lokaler und globaler Verantwortung unterscheiden. „Nehmen wir uns den barmherzigen Samariter zum Vorbild. Er hat bedingungslos geholfen, wo ein Mensch in Not war“, so der pax christi-Präsident. Und der EKD-Friedensbeauftragte, Landesbischof Friedrich Kramer: „Erkennen wir in den Geflüchteten Christus. Ihnen einen sicheren Ort zu geben, ist das Gebot der Stunde.“

Die Multiplikator:innen-Reise richtet sich an Interessierte, Engagierte und Expert:innen in den Bereichen Migration, Flucht und Asyl sowie der Friedensarbeit. Weitere Informationen dazu auf www.paxchristi.de