EKD-Friedensbeauftragter würdigt Erfolg der KSZE-Schlussakte von 1975
Der Friedensbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Friedrich Kramer, hat den Erfolg der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) gewürdigt. Am 1. August 1975, also vor 50 Jahren, wurde in Helsinki die Schlussakte unterzeichnet. „Dieses Dokument hat eine wichtige Rolle bei der Überwindung der deutschen und europäischen Teilung gespielt und auch zur Vertrauensbildung zwischen dem Westen und dem damaligen Ostblock beigetragen“, unterstreicht der EKD-Friedensbeauftragte.
Der Unterzeichnung der KSZE-Schlussakte waren seit 1973 umfangreiche Verhandlungen zwischen den sieben Staaten des Warschauer Paktes, den 13 neutralen Staaten und den 15 Mitgliedsländern der NATO vorausgegangen. In dem Vertragswerk verpflichteten sich die Unterzeichnerstaaten zur Unverletzlichkeit der bestehenden staatlichen Grenzen, zur friedlichen Regelung bei Streitfällen, zum Verzicht auf die Androhung und die Anwendung von Gewalt, zur Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten der anderen Staaten sowie zur Einhaltung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten. Außerdem wurde in der Schlussakte eine Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft und Umwelt vereinbart.
„Damals hätte wahrscheinlich niemand gedacht, dass bereits wenige Jahre später der Kalte Krieg enden, die Mauer fallen und der Warschauer Pakt aufgelöst würde“, betont Landesbischof Kramer. Und er gibt zu bedenken: „In den Verhandlungen im Vorfeld der Unterzeichnung der Schlussakte wie auch danach bei den Folgekonferenzen wurde gegenseitiges Misstrauen ab- und Vertrauen aufgebaut. Die KSZE war ein wichtiger Ort für einen Dialog zur Entspannung zwischen den Blöcken der damaligen Zeit und damit auch ein großes Friedensinstrument in einer spannungsvollen weltpolitischen Phase.“ Und die spätere Erweiterung der KSZE zur Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) habe wichtige Aufgaben in der Konfliktprävention, der Krisenbewältigung und der Rüstungskontrolle übernommen. „Auch dies war und ist eine wichtige Plattform für Sicherheit und Zusammenarbeit auf unserem Kontinent“, so Friedrich Kramer.
Der EKD-Friedensbeauftragte unterstreicht dabei aber auch die Bedeutung der KSZE-Schlussakte und die darin festgehaltenen Garantien der Menschenrechte. „Gerade in den Ländern des Warschauer Paktes wurden diese Zusagen, die ja auch von den Staatschefs der Ostblock-Länder unterzeichnet waren, von Bürgerrechtlern und Dissidenten aufgegriffen und eingefordert“, erläutert Landesbischof Kramer, der selbst in der DDR aufwuchs. „Menschen wie Vaclav Havel oder Andrei Sacharov haben sich immer wieder darauf berufen. Die Charta 77 in der Tschechoslowakei und Solidarnośc in Polen wären ohne die KSZE undenkbar. Und auch in der DDR spielte sie für die Bürgerrechtsbewegung und die Friedens- und Umweltgruppen eine ganz wichtige Rolle. Die friedliche Revolution von 1989 wäre ohne die KSZE-Schlussakte möglicherweise so nicht geschehen“, gibt Landesbischof Friedrich Kramer zu bedenken.
Leider habe sich Europa sehr verändert. Die KSZE habe das Blutvergießen im ehemaligen Jugoslawien weder stoppen noch verhindern können, ebensowenig die gewaltsame Abtrennung des Kosovo von Serbien. Und auch Russland versuche mit dem völkerrechtlichen Überfall auf die Ukraine, aber auch schon seit der gewaltsamen Annexion der Krim durch Russland, staatliche Grenzen mit Gewalt zu verändern, betont der EKD-Friedensbeauftragte. „Und dabei wäre angesichts der großen Spannungen in Europa eine solche Konferenz so wichtig und nötig. Und ich hoffe, dass dafür auch wieder die Zeit kommen wird, auch wenn es derzeit nicht danach aussieht. Aber nach der Niederschlagung des Prager Frühlings hat auch keiner an eine KSZE-Schlussakte geglaubt und nur wenige Jahre später war sie doch Realität“, so Landesbischof Friedrich Kramer.