EAK und Connection e.V.: Europa ist kein sicherer Ort für Kriegs­­dienst­­verweigerer

Auf die nach wie vor schwierige Lage von Kriegsdienstverweigerern in Europa machen die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK) und das Kriegsdienstverweigerungsnetzwerk Connection e. V. aufmerksam. „Auch im vergangenen Jahr war Europa in vielen Staaten kein sicherer Ort für Kriegsdienstverweigerer, die weiterhin mit Verfolgung, Verhaftungen, Prozessen, Haft- und Geldstrafen, Einschüchterungen und Diskriminierung konfrontiert sind“, betont EAK-Geschäftsführer Wolfgang M. Burggraf unter Verweis auf den aktuellen Jahresbericht des Europäischen Büros für Kriegsdienstverweigerung (EBCO).

„Gerade der Krieg in der Ukraine hat in Europa den Blick auf das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung gelenkt“, betont Rudi Friedrich von Connection e. V.. Laut EBCO gebe es in diesem Krieg bei allen beteiligten Armeen Fälle von Zwangs- und gewaltsamer Rekrutierung wie auch eine Verfolgung von Kriegsdienstverweigerern und Deserteuren, unterstreicht Rudi Friedrich. „Die Ukraine hat zu Kriegsbeginn das Recht auf Kriegsdienstverweigerung ausgesetzt. Kriegsdienstverweigerer werden dort zu mehreren Jahren Haft verurteilt. Russland hält eine große Zahl von Soldaten und Mobilisierten in Zentren in den von Russland kontrollierten Gebieten der Ukraine fest, weil sie sich weigern, am Kriegseinsatz teilzunehmen.“

EAK wie Connection e. V. unterstützen daher nachdrücklich die EBCO-Forderung an Russland, die Soldaten und Zivilisten, die sich weigern, am Krieg teilzunehmen und deshalb inhaftiert werden, unverzüglich und bedingungslos freizulassen. Ebenso werde auch die Ukraine aufgefordert, die Aussetzung des Menschenrechts auf Kriegsdienstverweigerung unverzüglich rückgängig zu machen, so die beiden Organisationen.

Angesichts der Verfolgung und Bestrafung von Kriegsdienstverweigerern in den am Ukraine-Krieg beteiligten Staaten halten die EAK wie auch das Netzwerk Connection e. V. es für dringend erforderlich, dass Deutschland und die EU den Betroffenen Schutz und Asyl gewährt

Im Juni 2022 hatten 60 Organisationen aus 20 Ländern einen Appell an das Europäische Parlament gerichtet, in dem sie darlegten, warum Schutz und Unterstützung für Deserteure und Kriegsdienstverweigerer auf allen Seiten des Ukraine-Krieges notwendig und richtig sind. Am 6. April 2022 hatte bereits der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, russische Soldaten zur Desertion aufgerufen und ihnen Schutz nach dem Flüchtlingsrecht versprochen. „Dieses Versprechen wurde aber bis heute nicht eingelöst“, kritisiert EAK-Geschäftsführer Wolfgang M. Burggraf.

Rudi Friedrich von Connection e. V. verweist in diesem Zusammenhang auf die #ObjectWarCampaign, die eine entsprechende Petition zum Schutz der Kriegsdienstverweigerer und Deserteure aus Russland, der Ukraine und Belarus an die Präsidentin der Europäischen Kommission, den Präsidenten des Europäischen Rates und an die Präsidentin des Europäischen Parlamentes gerichtet haben. Darin wird die Notwendigkeit, das Recht auf Asyl für Kriegsdienstverweigerer und Deserteure aus diesen drei Staaten zu wahren, nachdrücklich betont. Am 15. Mai 2023, dem Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung, wurden fast 50.000 Unterschriften in Berlin an die Europäische Kommission übergeben.

Der Fokus auf den Ukraine-Krieg dürfe aber nicht den Blick auf die schwierige Situation von Kriegsdienstverweigerern in vielen anderen europäischen Staaten verhindern. „Die Türkei erkennt als einziges Europarats-Mitglied ein Recht auf Kriegsdienstverweigerung nicht an, in anderen Ländern wie beispielsweise Aserbaidschan, Armenien, Griechenland, Finnland, Österreich oder im Baltikum entspricht der Umgang mit Kriegsdienstverweigerern nicht den europäischen und internationalen Menschenrechtsstandards“, mahnt Rudi Friedrich.

Und auch, was das Mindestalter für die Wehrpflicht anbelange, würden die Staaten im Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten zwar aufgefordert, die Rekrutierung von Personen unter 18 Jahren zu beenden. „Eine beunruhigende Anzahl europäischer Staaten tut dies dennoch weiterhin. Schlimmer noch, einige Staaten verstoßen gegen die absoluten Verbote des Fakultativprotokolls, indem sie Soldaten unter 18 Jahren dem Risiko eines aktiven Einsatzes aussetzen oder die Anwerbung von Wehrpflichtigen vor ihrem achtzehnten Geburtstag erlauben“, so Wolfgang M. Burggraf.