Bewaffnete Drohnen gefährden das humanitäre Völkerrecht

Dr. Rainer Lucht und Dr. Martin Quack haben dieses interne Positionspapier der Diakonie Katastrophenhilfe am 28. Mai 2013 vorgelegt. Es wurde auch dem Bundesministerium der Verteidigung zugeleitet und wird in dieser Dokumentation erstmals veröffentlicht.

Bewaffnete Drohnen gefährden das humanitäre Völkerrecht

Die geplante Anschaffung bewaffneter Drohnen durch die Bundeswehr ist ethisch, völkerrechtlich und friedenspolitisch aber auch sicherheitspolitisch bereits massiv kritisiert worden. Eine Reihe von Kritikpunkten wurde auch von kirchlicher Seite geäußert. Uns geht es aus der Perspektive der humanitären Hilfe vor allem und die Gefährdung des humanitären Völkerrechts:

Erstens, ist die Identifizierung der Ziele für Drohnenangriffe ungenau, eine klare Unterscheidung zwischen Kämpfenden und unbeteiligter Zivilbevölkerung ist sehr schwierig. Das belegen die vielen toten Zivilisten durch US-Drohnen vor allem in Pakistan und das ist angesichts der Behauptung besonders genauer Angriffe extrem problematisch. Die vom Minister betonte Abgrenzung der potentiellen Einsätze deutscher Drohnen von gezielten Tötungen ist insbesondere in internationalen Einsätzen sehr schwierig.

Zweitens, die politischen Kosten für militärische Angriffe sinken bei bewaffneten Drohnen – damit droht auch die Hemmschwelle zu sinken; bei den fernsteuernden »Piloten« ist dies wahrscheinlich, bei den politisch Verantwortlichen ist das ziemlich sicher der Fall.

Drittens, die Grenzen des Kampfgebietes lösen sich auf, das führt zu völkerrechtlichen und zu ethischen Problemen. Die Dauerpräsenz der Drohnen beeinflusst und bedroht das Alltagsleben der gesamten Zivilbevölkerung, vom Schulbesuch der Kinder bis hin zu Beerdigungen, viel mehr als es bei Flugzeugen der Fall ist. Auch für humanitäre Helfer verändert und verschärft sich die Lage. Beides wird in der Studie »Living under Drones« der Standford University und der New York University aus dem letzten Jahr eindrücklich ausgeführt.

Viertens, die permanente Präsenz und Bedrohung durch die Drohnen verschärft die Asymmetrie der Kriegsführung. Der Gegner wird so zu einer Gegenstrategie veranlasst, nämlich sich zu seinem Schutz permanent mitten unter die Zivilbevölkerung zu begeben und zivile Einrichtungen wie Moscheen, Kliniken und humanitäre Einrichtungen für seine Deckung zu benutzen. Institutionen, die nach dem humanitären Völkerrecht besonderen Schutz genießen. Der Gegner reagiert im Sinne dieser verstärkten Asymmetrie möglicherweise auch durch noch mehr Selbstmordanschläge.

Das führt uns zur Schlussfolgerung, dass die Kriegsführung mit bewaffneten Drohnen einenweiteren qualitativen Schritt in eine problematische Richtung darstellt. Das humanitäre Völkerrecht, das auf der Unterscheidung zwischen Zivilbevölkerung und Kämpfenden in der Kriegsführung aufbaut, wird dadurch gefährdet, ja in der Konsequenz ausgehebelt. Auch die Grenzen zu Gefahrenabwehr und Strafverfolgung verschwimmen immer mehr. Der angestrebte verbesserte Schutz der eigenen Soldaten durch bewaffnete Drohnen wird durch die erhöhten Risiken und Bedrohungen der Zivilbevölkerung und ziviler Einrichtungen sowie humanitärer Helfer bezahlt. Diese Probleme lösen sich nicht durch die Versicherung des Ministers auf, dass Drohnen lediglich die Einsätze von Flugzeugen übernehmen sollen.

Empfehlung: Eindämmung anstatt Aufrüstung

Anstelle einer weiteren Aufrüstung und Eskalation der Gewalt durch bewaffnete Drohnen sollte sich die deutsche Politik aus unserer Sicht für eine rechtliche und politische Eindämmung bewaffneter Drohnen einsetzen.

Wenn die gleiche politische Energie und Ressourcen in dieser Höhe für Zivile Konfliktbearbeitung eingesetzt würden, könnte viel Gewalt vermieden und damit auch das Leben von Soldaten besser geschützt werden. Zu viel geringeren Kosten und mit weniger Opfern.

Die gesamte Dokumentation des epd finden sie hier: