Zwischen Gewaltlosigkeit und Waffenlieferungen

Wie kann Frieden in Zeiten des Ukraine-Krieges gelingen? Antworten suchte die Synode der badischen Landeskirche bei einem Studientag zum Thema Friedensethik. Bischöfin Springhart sprach von einem Dilemma.

Karlsruhe/Bad Herrenalb (epd). Der russische Angriffskrieg in der Ukraine bewegt auch die Synode der Evangelischen Landeskirche in Baden. Kontrovers diskutierten am Dienstag die 72 Synodalen aktuelle friedensethische Positionen im Spannungsfeld zwischen Frieden und Krieg. In Zeiten des Ukraine-Krieges müsse sich die Friedensethik anfragen lassen, ob sie noch angemessen sei, sagte Landesbischöfin Heike Springhart in einem Statement vor der Synode.

Die Landesbischöfin bekräftigte, dass die Kirche an der Seite der Opfer von Gewalt stehe. Die Forderung nach Gewaltlosigkeit sei ein starkes Signal, „wenn sie von denen kommt, die von der Gewalt unmittelbar betroffen sind“.

Es sei aber nicht Aufgabe der Kirchen, bedrohten Menschen Gewaltlosigkeit nahezulegen und ihnen das Recht auf Selbstverteidigung abzusprechen", sagte Springhart. Trotzdem müsse der Fokus der Friedensethik an der Option für Gewaltfreiheit festhalten und dieses Dilemma aushalten.

Es könne nicht von einem „Scheitern“ gesprochen werden, betonte die Landesbischöfin. Schließlich gehe es nicht darum, dass sich Friedensethik siegreich durchsetze, sondern die Arbeit am Frieden voranbringe. Klar sei aber auch, dass militärische Gewalt Tod und Zerstörung bringe und keinen Frieden.

Aufgabe der Kirchen sei es, alles zu tun, um Gesprächskanäle offenzuhalten, konkrete humanitäre Hilfe zu leisten, Traumatisierten und Geflüchteten sichere Räume und Zuflucht zu gewähren sowie Wege der Versöhnung zu suchen.

Eine Option für Gewaltfreiheit und gegen Waffenlieferungen sei angesichts des russischen Angriffskriegs keine Lösung, sagte der evangelische Theologe Professor Christoph Strohm (Heidelberg) auf Einladung der Synode: „Wir brauchen in einer unerlösten Welt Gewaltmittel gegen die Macht des Bösen“.

Ohne die Anwendung militärischer Mittel wäre die internationale Rechts- und Friedensordnung zusammengebrochen. Es würde nicht nur ein „brutales Unrechtsregime mit kaum vorstellbaren Grausamkeiten“ geben. Putin hätte auch einen entscheidenden Sieg errungen: die Spaltung und erhebliche Schwächung Europas, so Strohm.

Dagegen erklärte der Theologe und pensionierte badische Oberkirchenrat, Christoph Schneider-Harpprecht: „Diplomatie scheint immer das schwächere Mittel zu sein.“ Allerdings führe nicht Gewalt zu einer Lösung von Kriegen, sondern nur Diplomatie: „Wir müssen hier einen sehr langen Atem haben.“

Aufgabe der Kirche sei es, die biblische Friedensbotschaft in die Welt zu tragen. Darin könnten durchaus unterschiedliche Positionen zum Tragen kommen. Es sei keinesfalls überheblich „im Sinne der christlichen Botschaft“ bestimmte Maßnahmen wie Gewaltfreiheit zu befürworten und die Anwendung militärischer Gewalt kritisch zu hinterfragen.

Der Leiter der Arbeitsstelle Theologie der Friedenskirchen, Fernando Enns (Hamburg) sagte, Kirchen sollen ihrem „genuinen gesellschaftlichen Friedensauftrag gerecht werden“. Es müssten alle Instrumentarien für Waffenstillstand genutzt werden. "Wir sind noch lange nicht am Ende mit unseren gewaltfreien Mitteln, so Enns in einem Videobeitrag.