Zick: Friedenspolitischer Einstellungswandel durch Ukrainekrieg

Bielefeld (epd). Der Bielefelder Sozialpsychologe Andreas Zick sieht infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine einen friedenspolitischen „Einstellungswandel“ in der Altersgruppe der Menschen ab 65 Jahren. Nach dem 24. Februar 2022 habe „auch eine Zeitenwende in den Einstellungen stattgefunden“, sagte Zick der in Bielefeld erscheinenden „Neuen Westfälischen“ (Donnerstag). Das zeige sich etwa mit Blick auf die Einstellung der Menschen zu Waffenlieferungen.

Die ältere Generation nehme „die Aufkündigung des kalten Friedens und der militärischen Grenzen der Abschreckung durch Russland als Tabubruch wahr“. Sie sehe darin eine „einseitige russische Aufkündigung des Friedens“, auch wenn dieser instabil gewesen sei. „Solch ein Normbruch ist Anlass die Einstellungen zu ändern“, erklärte der Leiter des Instituts für Konflikt- und Gewaltforschung an der Universität Bielefeld. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), geboren 1958, sei mit seiner Politik der „Zeitenwende“ beispielhaft dafür.

Hintergrund ist eine aktuelle Umfrage der ARD unter Bürgerinnen und Bürgern, ob Deutschland der Ukraine schwere Kampfpanzer liefern soll. Den Angaben zufolge steigt die Zustimmung mit zunehmendem Alter. So sprachen sich im „DeutschlandTrend“ 52 Prozent der 18-34-Jährigen gegen eine Leopard-Entsendung aus, 37 Prozent waren dafür. Bei den über 65-Jährigen stimmten sogar 52 Prozent für die Lieferung in die Ukraine, 36 Prozent hielten dies für nicht richtig.

Auch in Ost- und Westdeutschland ist man laut „DeutschlandTrend“ bei der Frage der Panzer-Lieferungen gespalten. Während in den westlichen Bundesländern jeder Zweite die Panzerlieferung befürwortet (50 zu 38 Prozent), lehnt im Osten eine deutliche Mehrheit diesen Schritt ab (59 zu 32 Prozent). Für die repräsentative Erhebung der ARD hatte das Meinungsforschungsinstitut Infratest Dimap in der vergangenen Woche mehr als 1.200 Wahlberechtigte sowohl telefonisch als auch online befragt.

Zick erklärte dieses Ergebnis zum einen mit den „engeren ostdeutschen Verbindungen zu Russland“, die teilweise „tief in die privaten Beziehungen eingreifen“. Die Differenz in den Beziehungen zu Russland habe es allerdings schon vor dem Krieg in der Ukraine gegeben, sagte der Konfliktforscher. „An diese Tradition knüpft die prorussische Propaganda an sowie die neue politische Ausrichtung der AfD und anderer nationalistischer Gruppen.“