Zerrissener Menschenfreund

Osnabrück (epd). Der Antikriegsroman "Im Westen nichts Neues" hat Erich Maria Remarque berühmt gemacht. Das Buch, das zehn Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs erstmals erschien, das die Nazis verboten und verbrannten, wurde bis heute in mehr als 60 Sprachen übersetzt und etliche Male verfilmt. Der Autor, der am 22. Juni 1898 als Erich Paul Remark in Osnabrück geboren wurde, verarbeitete darin seine eigenen Fronterfahrungen und die Schilderungen seiner Kameraden.

Auch in seinen folgenden Romanen wie "Der Weg zurück", "Drei Kameraden", "Arc de Triomphe" oder "Der schwarze Obelisk" thematisierte Remarque die Auswirkungen von Krieg, Krisen und Verfolgung auf den einzelnen Menschen. Seine Schilderungen seien so eindringlich, dass diese noch heute Gültigkeit hätten, sagt der Remarque-Experte Thomas Schneider: "Er ist ein Klassiker der Weltliteratur."

Für die Deutschen spiele nach wie vor "Im Westen nichts Neues" die wichtigste Rolle, erläutert Schneider. Bei den Russen sei es das Buch "Drei Kameraden" und in Korea "Arc de Triomphe" über die Wirtschaftskrise der 1920er Jahre. 2016 erschien der Exilroman "Die Nacht in Lissabon" in Saudi-Arabien. In den USA wurden fast alle seine Neuerscheinungen überschwänglich gefeiert und sind bis heute Bestseller.

Erich Maria Remarque, wie er sich ab 1921 zunächst gelegentlich und später durchgehend nannte, wurde am katholischen Lehrerseminar ausgebildet und 1917 als Soldat im Ersten Weltkrieg verwundet. Mit dem Künstlernamen habe er auf seine französischen Vorfahren und seine Verehrung für den Dichter Rainer Maria Rilke (1875-1926) hinweisen wollen, sagte er später. Remarque litt unter der Verfolgung durch die Nazis. 1938 wurde ihm die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt. Er ging ins Exil, lebte fortan abwechselnd in den USA und in der Schweiz, wo er am 25. September 1970 starb.

Der Journalist Wilhelm von Sternburg beschreibt ihn in seiner Biografie "Als wäre alles das letzte Mal" als einen im Innern zerrissenen Menschenfreund. Reichtum und Ruhm hätten ihn zu Alkohol-Exzessen und einem ausschweifenden Liebesleben verleitet. Er hatte Affären unter anderem mit Marlene Dietrich und Greta Garbo und war mehrmals verheiratet, zuletzt mit der ehemaligen Frau von Charlie Chaplin, Paulette Goddard. Remarque habe aber auch unter Depressionen und künstlerischen Selbstzweifeln gelitten. Auch die Tatsache, dass er mit seinem Schreiben einen neuerlichen, noch verheerenderen Krieg nicht verhindern konnte, habe ihm zu schaffen gemacht, urteilt Schneider. 

Für viele ist es der Antikriegsroman schlechthin: "Im Westen nichts Neues" führt den Lesern den grausamen Alltag in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs vor Augen. Autor Erich Maria Remarque (1898-1970) lässt seine Leserinnen und Leser am Ende tief getroffen zurück, sein Held Paul Bäumer stirbt: "Er fiel im Oktober 1918, an einem Tage, der so ruhig und still war an der ganzen Front, dass der Heeresbericht sich nur auf den Satz beschränkte, im Westen sei nichts Neues zu melden."

Remarque stützt den reportageartigen Roman über die Erlebnisse Bäumers auf seine eigenen Erfahrungen in sechs Wochen Westfront im Jahr 1917. Vor allem aber liegen ihm die Gespräche mit Kameraden zugrunde, die er nach seiner Verletzung im Lazarett geführt hat. 

"Im Westen nichts Neues" wurde in mehr als 60 Sprachen übersetzt und mehrfach verfilmt. Erstmals erschien das Werk zehn Jahre nach Kriegsende im November 1928 als Vorabdruck in der "Vossischen Zeitung". 1933 wurde es bei den nationalsozialistischen Bücherverbrennungen ins Feuer geworfen. 

Remarques Botschaft ist eine klar pazifistische: Der Krieg tötet nicht nur, er raubt den Menschen ihre Würde und ihre Menschlichkeit und darf kein Mittel der politischen Auseinandersetzung sein. Auch die Überlebenden hinterlässt er als verlorene, zerstörte Generation. In "Im Westen nichts Neues" lässt er Paul Bäumer sinnieren: "Wenn wir jetzt zurückkehren, sind wir müde, zerfallen, ausgebrannt, wurzellos und ohne Hoffnung. Wir werden uns nicht mehr zurechtfinden können."