Wehrbeauftragter beklagt "Mangelwirtschaft" bei der Bundeswehr

Berlin (epd). Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels (SPD), hat "Mangelwirtschaft" bei der Bundeswehr beklagt. "Es ist von allem zu wenig da", sagte Bartels bei der Vorstellung seines Jahresberichts am Dienstag in Berlin. Dies gefährde die Ausbildung und Motivation in der Truppe. Die Bundeswehr befinde sich an einem Wendepunkt.

Bartels sagte, die Bundeswehr sei nie kleiner gewesen als heute. Die Zahl der Soldaten hat sich demnach von 600.000 im Jahr 1990 in West- und Ostdeutschland auf heute 177.000 aktive Soldatinnen und Soldaten reduziert, wobei das Soll bei 185.000 Soldaten liegt. Durch die neue Lage nach dem Kalten Krieg sei der Abbau vernünftig gewesen, sagte er. 

Andere Entscheidungen wie die Reduzierung der Ausstattung auf 70 Prozent stellte er aber infrage. Bartels verlangte eine Rückkehr zur Vollausstattung. Neue, moderne Ausrüstung sei angelaufen. Er kritisierte aber: "Alles verspätet, verzögert, voller Kinderkrankheiten und oft in zu geringer Stückzahl, dafür teurer als geplant." Im Bereich Personal forderte er, zumindest die 185.000 Stellen tatsächlich zu füllen.

Wie viel seine Forderungen kosten würden, konnte Bartels nicht genau sagen. Er regte aber eine Aufstockung des Bundeswehretats auf 1,2 Prozent des Bruttosozialprodukts an. Derzeit liegt der Anteil Bartels zufolge bei 1,16 Prozent und soll bis 2019 auf 1,07 Prozent zurückgehen. "Das ist die falsche Richtung", sagte er.

Bessere Ausstattung der Bundeswehr forderte auch der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat. In der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" (Dienstagsausgabe) sprach er sich für eine Erhöhung der Zahl der Berufs- und Zeitsoldaten auf 200.000 und des Etats um neun Milliarden Euro in den nächsten drei Jahren aus.

Die verteidigungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Christine Buchholz, kritisierte demgegenüber, der Jahresbericht von Bartels lese sich wie ein "Aufrüstungsbericht". Sie forderte ein Ende der Auslandseinsätze, die für die Überlastung verantwortlich seien.

Tatsächlich entstehen Engpässe Bartels zufolge unter anderem durch Auslandseinsätze. Mitte 2015 waren 2.500 Soldaten im Auslandseinsatz. In diesem Jahr werde die Zahl auf 4.000 bis 5.000 steigen. Dazu kommt die Flüchtlingshilfe, in der bis Ende 2015 bis zu 8.000 Soldaten eingesetzt waren, unter anderem für den Aufbau von Flüchtlingsunterkünften, Registrierung und medizinischer Versorgung.

Laut Jahresbericht beschwerten sich Soldaten unter anderem über heimatferne Einsätze oder in einem Fall über den Wegfall vereinbarter Weiterbildungen durch den Einsatz in der Flüchtlingshilfe. Der Bericht beklagt zudem, dass wegen der Unterbringung von Flüchtlingen Soldaten stärker in ihren Stuben zusammenrücken müssen und der Übungsbetrieb durch das Teilen von Liegenschaften eingeschränkt sei.

Im Bereich rechtsextremer Vorfälle oder Fällen sexueller Belästigung von Frauen sieht Bartels indes keine Hinweise für einen Anstieg. Laut Jahresbericht wurden 2015 57 Vorkommnisse mit Verdacht auf rechtsextremistischen, antisemitischen oder fremdenfeindlichen Hintergrund gemeldet - ähnlich viele wie in den Vorjahren. 

Ein gutes Zeugnis stellte der Wehrbeauftragte dem Bereich der Kirchliche Friedensarbeit und Vorgesetzten bei der Berücksichtigung religiöser Belange aus. Bartels erreichten demnach keine Beschwerden darüber, dass religiöse Gebote oder Feiertage nicht eingehalten werden konnten.