Vor BGH-Prozess: Ruf nach schärferen Kontrollen von Waffenexporten

Freiburg, Eckernförde (epd). Im Prozess gegen die Eckernförder Waffenfirma SIG Sauer am Donnerstag vor dem Bundesgerichtshof (BGH) hofft der Rüstungskritiker Jürgen Grässlin auf ein deutliches Urteil. „Wer rund 38.000 Pistolen ins Kriegsgebiet in Kolumbien exportiert und dabei deutsches Recht bricht, gehört nicht nur strafrechtlich verurteilt, sondern muss dafür selbstverständlich Strafen in Millionenhöhe zahlen“, sagte der Sprecher der „Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel“ dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Im April 2019 hatte das Kieler Landgericht drei SIG-Sauer-Mitarbeiter zu mehrjährigen Bewährungsstrafen verurteilt, weil sie über eine US-Tochterfirma widerrechtlich Pistolen nach Kolumbien geliefert hatten. Zudem sollen die Waffenbauer den Umsatzerlös von 11,1 Millionen Euro an die Staatskasse zahlen. Das Urteil gegen die Beschäftigten ist rechtskräftig. Gegen die Einziehung des Geldes zog SIG Sauer vor den BGH in Karlsruhe.

Möglicherweise muss sich das Unternehmen einem weiteren Verfahren stellen. „Uns liegen umfassende Dokumente vor, wonach SIG Sauer vor und sogar noch nach der Kieler Verurteilung Pistolen, Maschinenpistolen beziehungsweise Sturmgewehre weiterhin nach Kolumbien sowie nach Mexiko und Nicaragua geliefert haben soll“, sagte Grässlin. Mittlerweile hat SIG Sauer seine Produktion in die USA verlegt. „Von dort aus werden der profitable US- sowie der lateinamerikanische Markt mit Pistolen und Gewehren vollgepumpt“, kritisierte Grässlin. Das Kieler Gericht prüft die Vorwürfe.

Ende März hatte der BGH ein Landgerichtsurteil wegen illegaler Gewehrlieferungen der Firma Heckler & Koch nach Mexiko bestätigt. Zwei Mitarbeiter wurden zu Bewährungsstrafen verurteilt, Heckler & Koch muss den Umsatz von 3,7 Millionen zahlen. Wie das Verfahren gegen SIG Sauer beruhte der Prozess auf einer Anzeige der Rüstungsgegner.

Das BGH stellte im Heckler & Koch-Urteil zugleich fest, dass die Grundlagen zur Ahndung rechtswidriger Ausfuhren unzureichend seien. Das zeige, so Grässlin, dass es ein neues, äußerst striktes Rüstungsexportkontrollgesetz brauche. „Dazu gehören ein Exportverbot von kleinen und leichten Waffen, der Stopp von Waffentransfers an kriegsführende und menschenrechtsverletzende Staaten und ein Verbandsklagerecht, um Verstöße gegen Ausfuhrgenehmigungen zu sanktionieren.“

Just am Donnerstag feiert die von Grässlin mitgegründete „Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel“ ihren zehnten Geburtstag. Mehr als 100 Organisationen sind inzwischen Mitglied, so etwa Attac, Gewerkschaften und kirchliche Verbände.