Urteil über illegale Waffenexporte nach Kolumbien

Eckernförde, Karlsruhe (epd). Für die Eckernförder Rüstungsfirma Sig Sauer geht es um Geld, aber vor allem auch ums Prinzip. Der Bundesgerichtshof (BGH) wird am Donnerstag sein Urteil über die Frage verkünden, ob die Einziehung des kompletten Erlöses einer illegalen Waffenlieferung durch Sig Sauer rechtmäßig ist. Das Unternehmen hatte von 2009 bis 2011 widerrechtlich Pistolen über eine US-Tochtergesellschaft nach Kolumbien verkauft. Das Kieler Landgericht verurteilte deshalb drei ehemalige Manager von Sig Sauer im April 2019 zu Bewährungs- und Geldstrafen. Zudem sollen die Waffenbauer den Umsatz von 11,1 Millionen Euro an die Staatskasse zahlen.

Das Urteil gegen die Beschäftigten ist rechtskräftig. Gegen die Einziehung des Geldes zog Sig Sauer vor den Bundesgerichtshof (Aktenzeichen3 StR 518/19).

Die Waffenschmiede hatte mehr als 38.000 Pistolen des Typs 2022 zur US-Tochterunternehmen Sig Sauer Inc. geliefert. Von dort gingen die Schusswaffen direkt weiter zur kolumbianischen Nationalpolizei, obwohl die Ausfuhr explizit nur in die USA genehmigt worden war. In Deutschland wäre ein Export in das Bürgerkriegsland nicht erlaubt worden. Die Beschuldigten hatten nach Überzeugung des Landgerichts Kiel bewusst den Umweg gewählt und damit gegen den das Außenwirtschaftsgesetz verstoßen.

Ob die Karlsruher Richter bereit sind, dem Unternehmen Recht zu geben und von einer Einziehung des Umsatzes abzusehen, ist fraglich. Ende März hatte der Bundesgerichtshof die Rüstungsschmiede Heckler & Koch (H&K) wegen illegaler Exporte von G36-Sturmgewehren nach Mexiko zur Bezahlung des gesamten Umsatzes verurteilt. „Warum sollte das Gericht nun Sig Sauer besser behandeln als H&K“, gibt der Rechtsanwalt Holger Rothbauer zu bedenken. Bewusst würden illegale Waffenexporte mittlerweile im Bereich der organisierten Kriminalität angesiedelt. „Damit wird der Rüstungsindustrie klar gemacht, dass sich solche Geschäfte nicht lohnen“, erklärt Rothbauer, der 2014 im Namen der pazifistischen Kampagne „Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel“ Anzeige gegen Sig Sauer erstattet hatte.

Möglicherweise sitzen die ehemaligen Manager bald noch einmal auf der Anklagebank. Im vergangenen Jahr zeigte die Aktion Aufschrei die Firma erneut an. „Wir haben Indizien dafür, dass Sig-Sauer-Waffen illegal nach Nicaragua, Mexiko und noch weitere nach Kolumbien geliefert wurden“, sagt Jürgen Grässlin, der Sprecher der Kampagne. So seien dort Pistolen aufgetaucht, deren Beschusszeichen auf das zuständige Amt in Kiel verweisen, auf manchen Pistolen habe „Made in Germany“ gestanden.

Auch diese Waffen sollen über den Umweg über die USA geliefert worden sein, um die deutsche Rüstungsexportkontrolle zu umgehen. Seit H&K wegen des Skandals um die G36-Exporte nicht mehr nach Mexiko liefert, hat Sig Sauer Inc. auf dem dortigen Markt erheblich zugelegt. Das US-Außenministerium genehmigte 2015 die Lieferung von Produkten des Unternehmens im Wert von 266 Millionen US-Dollar, vergangenes Jahr erhielt die mexikanische Nationalgarde 50.000 Sig-Sauer-Waffen.