UN: Zahl der zivilen Opfer in Afghanistan steigt

Dubai/Kabul (epd). Die Zahl der zivilen Opfer in Afghanistan ist nach Angaben der Vereinten Nationen gestiegen. Im April seien 380 unbeteiligte Menschen an den Folgen von Anschlägen und Kämpfen gestorben, teilte die UN-Mission für Afghanistan (Unama) am Dienstag in der Hauptstadt Kabul mit. Diese vorläufigen Zahlen zeigten einen steigenden Trend. "Ich appelliere an alle Parteien, die Kämpfe einzustellen und die Menschenrechte zu respektieren, die Zivilisten schützen", sagte Unama-Leiterin Deborah Lyons. Auch für Mai sind schon zahlreiche Opfer in der Zivilbevölkerung zu verzeichnen. 

Für 208 tote Zivilisten im April sind demnach die Taliban verantwortlich, eine Zunahme von 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 172 seien den nationalen Sicherheitskräften zum Opfer gefallen, 38 Prozent mehr als im April 2019. Zudem hätten die Taliban 15 Beschäftigte im Gesundheitsbereich verschleppt und Soldaten medizinisches Personal bedroht und Material konfisziert.

Vergangene Woche starben mindestens 24 Menschen bei einen Attentat auf eine Entbindungsstation in Kabul, darunter Gebärende und Neugeborene. Am gleichen Tag wurden 32 Besucher einer Beerdigung in der Provinz Nangarhar getötet. Am Montag zerrten Taliban-Kämpfer in der Provinz Ghazni fünf Männer einer ethnischen Minderheit aus ihrem Auto, übergossen sie mit Benzin und steckten sie in Brand. 

Die neue Gewaltwelle ist ein schwerer Rückschlag für die Friedensbemühungen am Hindukusch, während Afghanistan gleichzeitig mit der Corona-Epidemie mit bislang 178 registrierten Toten kämpft. Präsident Aschraf Ghani hatte als Reaktion auf die Anschläge das Militär angewiesen, wieder offensiv gegen die Taliban vorzugehen. Ghani erklärte am Dienstag, seine Regierung könne sich gegenüber "Kindermördern" nicht gleichgültig zeigen.

Ende Februar hatten die USA und die aufständischen Taliban ein historischen Friedensabkommen geschlossen, doch die geplanten innerafghanischen Gespräche zwischen der Regierung in Kabul kamen nicht voran. Allerdings ist der Streit um die Regierungshoheit in Kabul beigelegt worden. Am Sonntag unterzeichneten Präsident Ghani und sein politischer Kontrahent Abdullah Abdullah ein Abkommen für eine gemeinsame Regierungsbildung. Dies könnte Gesprächen zwischen den Taliban und der Regierung den Weg ebnen.