UN warnen vor bevorstehender humanitärer Krise in Afghanistan

Genf (epd). Die Vereinten Nationen haben davor gewarnt, dass Afghanistan nach Abzug der internationalen Truppen unmittelbar vor einer gravierenden humanitären Krise steht. Immer mehr Menschen litten unter der eskalierenden Gewalt, und die Zahl der Flüchtlinge nehme zu, sagte der Sprecher des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, Babar Baloch, am Dienstag in Genf. 270.000 Afghaninnen und Afghanen wurden laut Schätzungen seit Januar erneut innerhalb des Landes vertrieben. Insgesamt mehr als 3,5 Millionen Menschen seien auf der Flucht.

Gründe dafür seien neben den anhaltenden Kämpfen Erpressungen durch bewaffnete Gruppen und Sprengfallen entlang der Hauptstraßen, erklärte der Sprecher. Zudem hätten Vertriebene davon berichtet, dass die staatlichen Dienstleistungen unterbrochen seien und es wegen der schlechten Sicherheitslage keine Möglichkeit mehr gebe, Geld zu verdienen. Die Zahl der getöteten Zivilisten stieg demnach um 29 Prozent während des ersten Quartals im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, darunter seien immer mehr Frauen und Kinder.

Die Not der Menschen, die überstürzt fliehen müssten sei gravierend, sagte Baloch. Sie bräuchten dringend Unterkünfte, Essen, Gesundheitsversorgung, Wasser und Geld. Dabei sei es schwierig, an die Bedürftigen heranzukommen. Zudem sei die Hilfe für die Afghaninnen und Afghanen massiv unterfinanziert. Von den 337 Millionen Euro, die das UNHCR dafür brauche, seien bislang lediglich 43 Prozent eingegangen.

Die Widerstandsfähigkeit der Bevölkerung sei durch den langen Konflikt, Flucht, die Auswirkungen der Corona-Krise, Naturkatastrophen wie Dürren und zunehmende Armut aufgebraucht. Sollten nicht bald ein Friedensabkommen geschlossen und die Gewalt eingedämmt werden, würden noch mehr Menschen innerhalb Afghanistans, aber auch in Nachbarländer und darüber hinaus fliehen, betonte Baloch.

Die Nachbarländer Iran und Pakistan hätten fast 90 Prozent der afghanischen Geflohenen aufgenommen - mehr als zwei Millionen registrierte Frauen, Kinder und Männer, sagte der Sprecher. Die Großzügigkeit dieser Länder solle nicht als gegeben hingenommen werden.