UN-Ermittler werfen Assad und Russland Kriegsverbrechen vor

Genf (epd). Eine UN-Untersuchungskommission hat dem Assad-Regime und Russland Kriegsverbrechen in Nordwest-Syrien vorgeworfen. Durch die Gewalt seien Zivilisten, darunter Kinder, in der Provinz Idlib und angrenzenden Gebieten ums Leben gekommen, erklärte der Vorsitzende der UN-Untersuchungskommission zu Syrien, Paulo Sérgio Pinheiro, am Montag in Genf. Aber auch Kämpfer, die sich in dem Gebiet verschanzten, verweigerten den Zivilsten den völkerrechtlich vorgeschriebenen Schutz. In der Region entwickle sich eine humanitäre Katastrophe. 

Bei der Veröffentlichung eines Berichts über Menschenrechtsverletzungen in dem Bürgerkriegsland vom 11. Juli 2019 bis zum 10. Januar 2020 forderte Pinheiro, dass die Täter zur Rechenschaft gezogen werden müssten. "Nach fast neun Jahren Konflikt sind Frauen, Kinder und Männer noch immer beispiellosem Leid und Schmerz ausgesetzt", stellte Pinheiro fest. 

Truppen des syrischen Machthabers Baschar al-Assad und russische Streitkräfte beschossen demnach in der Provinz Idlib und angrenzenden Gebieten absichtlich völkerrechtlich geschützte Einrichtungen wie Krankenhäuser. Zudem terrorisierten sie mit ihrem Bombardement absichtlich die Bevölkerung, die vor der Gewalt flüchten müsse. Beide Vorgehensweisen erfüllen den Angaben nach den Straftatbestand eines Kriegsverbrechens. 

Zugleich attackierten laut Pinheiro auch bewaffnete Gruppen, die Gebiete, die von der Assad-Regierung kontrolliert werden. Dabei habe es auch zivile Opfer gegeben. Die Bevölkerung lebe in Angst. Die Untersuchungskommission hielt fest, dass seit Anfang Dezember bereits 950.000 Menschen vor der Gewalt geflohen seien. Insgesamt hätten seit Beginn der Offensive Assads und seiner Verbündeten im April 2019 möglicherweise mehr als eine Millionen Menschen ihre Heimat verlassen müssen. Da die Türkei ihre Grenze zu Syrien geschlossen hat, irren die Menschen als Binnenflüchtlinge in Syrien umher.

Die Streitkräfte Assads, Russlands und verbündete Milizen wollen den Raum Idlib und angrenzende Gebiete zurückerobern. Dort haben sich Zehntausende islamistische Kämpfer verschanzt. Das Gebiet gilt als eines der letzten, das nicht wieder in der Hand Assads ist.

Der Syrien-Krieg begann 2011 mit einem Volksaufstand gegen Assad. Rebellen und Terrorgruppen eroberten weite Teile des Landes. Mit Hilfe Russlands und des Irans gewann Assad die meisten Gebiete zurück. In die Kämpfe griffen auch die USA, die Türkei und weitere Länder ein. 

Der UN-Menschenrechtsrat setzte 2011 die Untersuchungskommission zu Syrien ein, um Kriegsverbrechen und andere Verstöße gegen internationales Recht zu dokumentieren. Das Assad-Regime verweigert die Kooperation mit den Ermittlern.