UN: Alle Parteien verübten Kriegsverbrechen in Aleppo

Genf (epd). Die Syrien-Kommission der UN hat sowohl gegen die Regierung in Damaskus und ihren Verbündeten Russland als auch gegen Rebellen schwere Vorwürfe erhoben. Alle Konfliktparteien hätten während der Schlacht von Aleppo im vergangenen Jahr Kriegsverbrechen verübt, erklärte das unabhängige UN-Untersuchungsgremium am Mittwoch in Genf. Unter der "unerbittlichen Gewalt" hätten besonders die Zivilisten gelitten.

Die Kommission unter Vorsitz des brasilianischen Diplomaten Paulo Sérgio Pinheiro betonte, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden müssten. Militärjets des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und Russlands hätten täglich Bombenangriffe auf Ost-Aleppo geflogen. Die Jets der Verbündeten hätten Krankenhäuser, Schulen und Märkte zur Versorgung der Bevölkerung zerstört. Hunderte Menschen seien getötet worden.

Als besonders entsetzlich verurteilte die Kommission einen Angriff auf einen Hilfskonvoi und einen Stützpunkt mit Gütern für die notleidende Bevölkerung, den sie ebenfalls der Assad-Luftwaffe zur Last legt. Bei der Attacke seien 15 Helfer ums Leben gekommen, lebenswichtige Artikel seien zerstört worden.

Zudem hätten Assad-Truppen das geächtete Chlorin-Gas in Wohngebieten Ost-Aleppos eingesetzt. Hunderte Einwohner seien getroffen worden. Weiter verurteilten die Ermittler den Belagerungsring, den die Truppen um Ost-Aleppo zogen. Damit sollten die Rebellen zur Aufgabe gezwungen werden, die Bewohner hätten aber kaum Lebensmittel und Medizin zur Verfügung gehabt. Nach der Einnahme Ost-Aleppos hätten Assad-Soldaten wahllos Aufständische und vermeintliche Rebellen hingerichtet.

Die Ermittler legen aber auch den verschiedenen Rebellenorganisationen Grausamkeiten zur Last. Die Kämpfer hätten auf Wohngegenden in West-Aleppo geschossen, Dutzende Zivilisten seien gestorben oder verletzt worden, darunter Kinder und Frauen.

Die Kommission ermittelt seit 2011 im Auftrag des UN-Menschenrechtsrates im Syrien-Konflikt. Da die Regierung der Kommission die Einreise verweigert hat, sind die Mitglieder auf Augenzeugenberichte und andere Aussagen angewiesen. Die Kommission erstellte mehrere Listen mit mutmaßlichen Kriegsverbrechern, die in möglichen Strafverfahren verwendet werden sollen.

Unterdessen setzten die UN die Gespräche über eine friedliche Lösung des mittlerweile sechs Jahre währenden Krieges fort. In Genf standen erneute Beratungen des UN-Sondergesandten Staffan de Mistura mit den Delegationen des Assad-Regimes und der Rebellen auf dem Programm. Dem Syrien-Konflikt fielen schon Hunderttausende Menschen zum Opfer, Millionen sind auf der Flucht.