Tödliche Technologie Drohnen

Genf (epd). Am 3. Januar töteten die USA durch einen Drohnenangriff den iranischen General Kassem Soleimani in der Nähe des Flughafens der irakischen Hauptstadt Bagdad. Damit lieferten sie eine militärische Machtdemonstration - und zeigten die Möglichkeiten der äußerst umstrittenen Kampfdrohnen. 

Zwar kritisieren Menschenrechtsorganisationen immer wieder "das Töten per Knopfdruck". Auch aus ethischen Gründen verlangen sie einen Stopp der anonymen Tötungstechnologie. Doch die Entwicklung der Kampfdrohnen lässt sich nicht mehr zurückdrehen. Zumal die USA, die mit Abstand stärkste Militärnation der Welt, setzen in ihrem weltumspannenden Kampf gegen den Terrorismus auf die ferngesteuerten Flieger. 

In den Sortimenten der großen US-Rüstungsschmieden nehmen Kampfdrohnen einen festen Platz ein. Als "Schlüsselspieler" gelten gemäß einer Untersuchung von "Fortune Business Insights" die Firmen Boeing, Lockheed Martin, Raytheon und Northrop Grumman. Auch General Atomics mit seinen Modellen Predator und Reaper mischt in dem Geschäft kräftig mit. 

"Fortune Business Insights" beziffert den Wert des Militärdrohnen-Marktes auf knapp acht Milliarden US-Dollar für das Jahr 2018. Laut Prognose soll der Umsatz bis auf 22 Milliarden US-Dollar im Jahr 2026 wachsen. Allerdings stammen diese Zahlen aus dem Februar 2020, einer Zeit, in der die verheerenden wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie noch nicht absehbar waren. Neben Branchenführer USA entwickeln und produzieren nur wenige andere Länder Militärdrohnen, darunter China, Israel, die Türkei und Russland.

Im Kern handelt es sich bei dabei um unbemannte Flugzeuge. Sie werden zur Aufklärung und zu Angriffen eingesetzt. Experten in einer Kommandozentrale steuern sie und bestimmen den Zeitpunkt und das Ziel einer Attacke, meistens mit Raketen. Dabei liegt die Zentrale oft Zehntausende Kilometer vom Einsatzort entfernt. Bei einem Schlag wie gegen den Iraner Soleimani müssen die Angreifer also keine eigenen menschlichen Verluste befürchten. Deshalb können sie ein hohes Risiko eingehen. "Drohnen sind fünf bis sechs Mal effizienter als konventionelle Luftangriffe", erklärt der Militärexperte Justin Bronk laut dem britischen "Guardian". 

Die Angreifer töten und verletzen jedoch regelmäßig unbeteiligte Zivilisten. So musste die US-Regierung einräumen, dass zwischen Anfang 2009 und Ende 2015 bei 473 US-Schlägen gegen Terroreinheiten zwischen 64 und 116 Zivilisten getötet wurden. Wie viele Todesfälle genau auf das Konto der Kampfdrohnen gingen, bleibt unklar. Es dürften aber etliche sein. 

In beklemmender Weise schildert der Autor Emran Feroz für Amnesty International wie Zivilisten zur Zielscheibe werden. "Am 7. September 2013 nahm eine US-amerikanische Reaper-Drohne einen Pickup in der ostafghanischen Provinz Kunar ins Visier. Aus rund vier Kilometern Höhe beobachtete das unbemannte, mit Hellfire-Raketen ausgestattete Flugzeug das Fahrzeug." Und weiter: "Per Fernauslöser wurden die Hellfire-Raketen gezündet und das Leben von 14 der 15 Insassen, allesamt Zivilisten, ausgelöscht." Die Verantwortlichen hätten möglicherweise in der Creech Air Force Base in Nevada gesessen. 

Der Gewaltakt wirft für Feroz viele Fragen auf. Können die Akteure in der Kommandozentrale "tatsächlich unterscheiden, ob es sich bei den Personen am Boden um Männer, Frauen oder Kinder handelt? Wissen sie, ob sie bewaffnete oder unbewaffnete Menschen sehen?" Die Antwort laute "nein", schreibt Feroz.

Für die Menschenrechtsplattform humanrights.ch. "bleibt die zentrale Frage völlig unterbelichtet, ob und unter welchen Voraussetzungen gezielte extraterritoriale Tötungen durch Drohnen aus der Sicht des internationalen Rechts zulässig sind". Darüber gab es zwar reichlich Debatten und Papiere der Vereinten Nationen. Doch verbindliche internationale Abkommen über den Einsatz von Kampfdrohnen existieren nicht. Ein Verbot ließe sich ohnehin nicht mehr durchsetzen.