Tigray: Rebellen wollen trotz Armee-Waffenruhe weiterkämpfen

Frankfurt a.M./Addis Abeba (epd). In der äthiopischen Krisenprovinz Tigray ist trotz einer von der Regierung einseitig erklärten Waffenruhe kein Ende der Kämpfe in Sicht. Im US-Nachrichtensender CNN kündigten die Anti-Regierungstruppen am Dienstag an, weiterzukämpfen, bis alle feindliche Einheiten Tigray verlassen hätten. Man werde alles Nötige tun, um das Militär zu vertreiben. Das äthiopische Militär war im November in die Region im Norden des Landes eingerückt und liefert sich seither heftige Kämpfe mit der Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF), die bis dahin dort an der Macht war.

Die Zentralregierung hatte gegen den Willen der TPLF eine regionale Übergangsregierung in Tigray eingesetzt, die einer offiziellen Mitteilung zufolge am Montag um einen Waffenstillstand gebeten hatte. Das Aussetzen der Kämpfe solle demnach dazu beitragen, den Zugang für humanitäre Hilfe zu verbessern und den Wiederaufbau zu ermöglichen. In der Nacht zum Dienstag hatte die Zentralregierung überraschend die einseitige Waffenruhe erklärt. Wie lange sie gelten soll, blieb unklar.

UN-Generalsekretär António Guterres erklärte, es sei entscheidend, dass humanitäre Hilfe die Menschen erreiche, die Zivilbevölkerung geschützt und eine politische Lösung gefunden werde. Er habe mit dem äthiopischen Ministerpräsidenten Abiy Ahmed gesprochen und hoffe, dass ein tatsächliches Aussetzen der Kämpfe stattfinde.

UN-Schätzungen zufolge sind rund 350.000 Menschen in Tigray von einer Hungersnot bedroht. Tausende Zivilisten wurden getötet, rund 1,6 Millionen Bewohner der Region mussten vor den Kämpfen fliehen. Die Regierung von Ministerpräsident Abiy steht in der Kritik, den Zugang von Hilfe in die Region zu behindern. Beiden Konfliktparteien und den involvierten Truppen des Nachbarlandes Eritrea werden schwere Verbrechen wie systematische Vergewaltigungen, ethnisch-motivierte Massaker und den Einsatz von Hunger als Kriegswaffe vorgeworfen.

Unterdessen zeigte sich das Flüchtlingshilfswerk UNHCR von der zunehmenden Not der aus Tigray Vertriebenen im Sudan alarmiert. Mehr als 16.000 Menschen, die sich vor der Gewalt in das Nachbarland gerettet haben, hätten in den vergangenen Wochen in zwei Sammelunterkünften im Sudan unter schweren Unwettern gelitten. Stürme, heftige Winde und Hagel hätten fast 4.000 Familienzelte beschädigt, Latrinen und andere Einrichtungen seien zerstört worden.

Hintergrund des Konflikts in Tigray ist ein Streit um die Macht zwischen der Zentralregierung und der TPLF, der Anfang November eskalierte. Nach anfänglichen Verlusten eroberte die TPLF Medienberichten zufolge in den vergangenen Wochen Teile Tigrays zurück, darunter die Regionalhauptstadt Mekelle. Dort feierten Menschen Medienberichten zufolge die Machtübernahme durch die TPLF. Hilfslieferungen würden nun möglich, sagte ein TPLF-Sprecher dem britischen Sender BBC.