Theologin Karle: Kirchen müssen stärker auf Vielfalt setzen
Bielefeld/Bochum (epd). Die Bochumer Theologieprofessorin Isolde Karle hat die Kirchen aufgefordert, Menschen in Armut oder mit Migrationshintergrund viele stärker zu beteiligen. Die evangelische Kirche sei überwiegend „eine bildungsbürgerliche Kirche“, die in ihrer Sprache und in ihren Formen zu wenig Rücksicht auf Menschen mit geringer Bildung oder mit niedrigem sozialem Status nehme, kritisierte Karle am Montag vor der Landessynode der westfälischen Kirche in Bielefeld.
Es dürfe in der Kirche nicht nur um eine „Anwaltschaft für die Armen“ gehen, sondern es müsse auch um einen Weg mit den Armen gehen, sagte die Professorin für Praktische Theologie an der Bochumer Ruhr-Universität. Von Armut betroffene Menschen kämen in offiziellen Stellungnahmen der Kirchen vorwiegend als „Schwache“ in den Blick. In Kirchengemeinden werde etwas für, aber weniger mit ärmeren Menschen getan. Armut müsse von den Kirchen sehr viel ernster genommen werden, mahnte Karle.
Einen kritischeren Blick forderte die Theologin auch auf kirchlichen Rassismus. Zwar stelle sich die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) gegen Rassismus und jede Form der Diskriminierung. Bei Rassismus gehe es jedoch nicht nur um Hassverbrechen. Er geschehe auch „nahezu unbemerkt und nicht selten ohne Absicht“ im täglichen Leben wie auch in der Kirche.
So falle es der Ökumene immer noch schwer, eine Partnerschaft mit afrikanischen Kirchen auf Augenhöhe zu gestalten, erklärte Karle. Afrikanische Kirchen sollten nicht nur als Objekte von Hilfsangeboten gesehen werden, sondern als Kirchen, „die uns etwas zu geben haben“.
Eine solche Diversität bereichere nicht nur die Gesellschaft, sie sei Christinnen und Christen „schlicht aufgetragen“, unterstrich die Theologin. Der Geist Jesu Christi sei dort gegenwärtig, wo soziale und natürliche Unterschiede zwischen Menschen keine Rolle mehr spielten oder mindestens relativiert würden. Diversität bedeute, Menschen nicht mehr nach Äußerlichkeiten und Vorurteilen zu bewerten, sondern ihr Talent und ihre Individualität zu sehen.
Die Pfarrerin Velda Love von der US-Kirche „United Church of Christ“ äußerte sich vor der Synode besorgt über die Entwicklung in den USA nach der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten und von J.D. Vance zu dessen Vize. Rund 70 Prozent der Wähler hätten dafür gestimmt, dass zwei weiße Männer das Land führen, die die Demokratie demontieren wollten. Sie verstärkten ihre politischen und persönlichen Angriffe, Rassismus, Frauenfeindlichkeit und verbale Gewaltandrohungen gegen People of Color. Auch die Bürger- und Menschenrechte gerieten unter Beschuss.