Symbol des Friedens nach 9/11

Bremen (epd). Schon der Satz über dem Tunnelportal ist außergewöhnlich. „Verstehen ist das Tor zur Verständigung - Verständigung ist das Tor zum Verstehen“ heißt es, bevor Straße, Rad- und Fußwege durch den „Friedenstunnel der Religionen“ ganz in der Nähe des Bremer Hauptbahnhofes führen. Vor 20 Jahren entstand die Idee zur Umgestaltung des gut 60 Meter langen Bauwerks. Aus einer ehemals düsteren Röhre wurde mit der Zeit ein bunt erleuchtetes Symbol des Friedens, geschmückt mit Mosaiken und Texttafeln.

Initiatorin des bundesweit einzigartigen Projektes ist die Bremer Künstlerin Regina Heygster (66). Die Idee dazu kam ihr nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 auf die Türme des World Trade Centers in New York und das Pentagon bei Washington. Am Sonnabend (11. September), genau 20 Jahre nach den Anschlägen, soll nun das Tunnel-Jubiläum gefeiert werden.

„Wenn weltweit immer wieder Kriege mit religiösen Argumenten legitimiert werden, wäre es ein wegweisendes Zeichen der Religionsgemeinschaften, wenn sie ein gemeinschaftliches Friedensbekenntnis in der Gestaltung eines öffentlichen Bauwerks setzen würden“, ist Heygster überzeugt. Sie hat Hunderttausende Euro an Spendengeldern gesammelt, einen Förderverein auf den Weg gebracht, und selbst so viele Arbeitsstunden investiert, dass sie ihre Zahl schon nicht mehr nennen kann.

Ein Lebenswerk. Aber warum so viel Kraft, Zeit und Geld gerade in diesen dunklen Ort stecken? „Tunnel sind vernachlässigte Bauwerke, alle wollen schnell durch“, sagt sie und ergänzt: „Das möchte ich an dieser Stelle ändern.“ Christen, Muslime, Hindus, Aleviten und Bahai unterstützen das Projekt. Auch die Deutsche Bahn als Eigentümerin des Bauwerks habe sofort Ja gesagt, blickt Heygster zurück. Die jüdische Gemeinde in der Stadt ist distanzierter, weil sie den Tunnel vor allem als private Initiative der Künstlerin sieht.

So veränderte die Straßenröhre seit 2008 peu à peu ihr Gesicht, 2015 wurde sie neu eröffnet. Die Außenwände stehen seither nicht mehr grau da, sondern leuchten in freundlichem Gelb. Aus Mosaiksteinen gesetzte Friedenssymbole wie eine weiße Taube, ein Lotus-Lebensbaum, eine Eiche und eine Palme markieren die Portale.

Die Innenwände schmückt ein Fries, den Heygster aus farbigem italienischem Glasmosaik gefügt hat und der in rund 150 Sprachen der Welt das Wort „Frieden“ übersetzt. Ergänzt werden die Schriftzüge durch Tafeln mit Friedens- und Weisheitstexten aus unterschiedlichen Kulturen. So gestaltet wird der Tunnel längst auf vielfältige Weise mit Leben gefüllt: als Bildungsort für Schulklassen, für Studiengänge der Universitäten Bremen und Oldenburg oder durch das sonntägliche Musikformat „Friedensklänge im Friedenstunnel“.

Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) ist von der Initiative begeistert. „Gelebter Pluralismus, gelebte Toleranz und gelebter Dialog sind unverzichtbar, gerade dann, wenn man von der Richtigkeit der eigenen Religion überzeugt ist“, sagt der Regierungschef. Weder Dialog noch Solidarität seien selbstverständlich, sondern müssten immer wieder neu erkämpft und errungen werden. Bremens Bürgerschaftspräsident Frank Imhoff (CDU) meint: „Der Friedenstunnel ist das richtige Zeichen für Toleranz, Weltoffenheit und Frieden.“

Um darauf noch mehr aufmerksam zu machen, soll die Bus- und Straßenbahn-Haltestelle vor dem Innenstadtportal des Bauwerks von Sonnabend an mit dem Zusatz „Friedenstunnel“ ergänzt werden. Das Jubiläum, ergänzt Künstlerin Regina Heygster, solle ein großes Fest der Vielfalt, Toleranz und Verständigung sein: „Dabei wird im Besonderen den Menschen ein Willkommenszeichen gesetzt, die aus ihrer Heimat fliehen mussten und in Bremen ein neues Zuhause gefunden haben.“