Spagat der Bundeswehr: "Bildungswerk" und Arbeitgeber?

München (epd). Bayerns Kultusministerium hat kein Problem mit dem Besuch von Jugendoffizieren oder Karriereberatern der Bundeswehr an Schulen. Der gleichen Meinung sind auch die Kultusministerien in den übrigen Bundesländern, wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) ergab. Ein Beschluss der Berliner SPD hatte deutschlandweit eine Debatte über Schulbesuche von Bundeswehr-Offizieren ausgelöst. Auf einem Parteitag am vergangenen Wochenende hatte sie beschlossen, dass militärische Organisationen an Berliner Schulen nicht mehr für den Dienst und die Arbeit im militärischen Bereich werben dürfen. Diesem Vorhaben müssten die Koalitionspartner Grüne und Linke zustimmen.

Der Sprecher des bayerischen Kultusministeriums erläuterte auf epd-Anfrage, man müsse zwischen den Tätigkeitsfeldern Jugendoffizier sowie Karriereberater unterscheiden. Während die Jugendoffiziere als Experten und Referenten für Fragen der Sicherheitspolitik im Rahmen Politischer Bildung tätig seien und "nicht für Tätigkeiten innerhalb der Bundeswehr werben", repräsentierten Karriereberater die Bundeswehr als großen Arbeitgeber. Es gebe eine klare Regelung an den Schulen in Bayern: Sie seien verpflichtet, Jugendliche gezielt bei ihrer Berufswahl zu unterstützen, dazu gehörten schulische Berufsinformationstage, bei denen sich potenzielle Arbeitgeber präsentieren können und sollen.

Das bayerische Kultusministerium verweist auf einen Bericht des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages vom September 2010, aus dem klar hervorgehe, "dass Informationsveranstaltungen durch die Bundeswehr - auch im Hinblick auf berufliche Karrieremöglichkeiten - legitim sind, sofern an der betreffenden Schule die Vielfalt beruflicher Werdegänge auch außerhalb der Bundeswehr aufgezeigt wird". Diese Bedingung könne an bayerischen Schulen vorausgesetzt werden. Wie häufig allerdings Karriereberater der Bundeswehr an schulischen Berufsinformationstagen in Bayern teilnehmen, dazu liegen dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus keine Zahlen vor.

Anders sieht es im Bereich Jugendoffiziere aus. In dem seit dem Schuljahr 2017/2018 für alle bayerischen Schularten und Schulen verbindlichen "Gesamtkonzept für die Politische Bildung an bayerischen Schulen" werde die Kooperation mit den Jugendoffizieren als eine der möglichen Formen der Zusammenarbeit mit externen Partnern dargestellt. Die Entscheidung über eine Einladung von Jugendoffizieren träfen die Schulen selbst. Insgesamt hätten 2017 zwölf Jugendoffiziere der Bundeswehr bayernweit 1.336 Veranstaltungen angeboten, davon 993 Vorträge und 119 Info-Veranstaltungen. So seien 30.450 Schüler erreicht worden. Zahlen für 2018 gebe es aktuell noch nicht.

Die Bundeswehr hat laut epd-Umfrage mit mehreren Bundesländern weitgehend gleichlautende Kooperationsvereinbarungen geschlossen, in denen die Schulbesuche von Jugendoffizieren geregelt sind. Die Jugendoffiziere kommen demnach nur auf Einladung der Schule in den Unterricht. Auch vonseiten der Bundeswehr lautet ihr Auftrag, über "die zur Friedenssicherung möglichen und notwendigen Instrumente der Politik zu informieren". Werbung für eine militärische oder auch zivile Tätigkeit bei der Bundeswehr ist untersagt, eine Karriereberatung bleibt speziellen Offizieren überlassen. Auch Länder, die keine solchen Vereinbarungen getroffen haben, gehen nach ähnlichem Prinzip vor. 

Viele Bildungsministerien verweisen auf den Beutelsbacher Konsens. Er legt die Grundsätze der politischen Bildung in Deutschland fest und besagt unter anderem, dass ein Thema, das in der Öffentlichkeit kontrovers ist, auch im Unterricht kontrovers abgebildet werden muss. Schulen sind aufgefordert, nicht nur Bundeswehr-Offiziere in den Unterricht einzuladen, sondern auch politische Organisationen, die über Möglichkeiten ziviler Konfliktbearbeitung informieren. Dazu rät auch der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger. Es sei "politische Bildung im besten Sinne", eine kontroverse Debatte mit Vertretern verschiedener Positionen zu organisieren.