Sipri: US-Rüstungsindustrie konnte hohe Nachfrage nicht bedienen

Trotz des Ukraine-Kriegs waren die Umsätze der Rüstungsindustrie nach einer Übersicht von Friedensforschern 2022 leicht rückläufig. Doch schon in diesem Jahr dürfte das Geschäft wieder angezogen haben.

Brüssel/Stockholm (epd). Waffenhersteller haben 2022 laut dem Friedensforschungsinstitut Sipri trotz steigender Nachfrage durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine einen leichten Umsatzrückgang verzeichnet. Im vergangenen Jahr erwirtschafteten die 100 größten Unternehmen der Branche 597 Milliarden Dollar (rund 550 Millionen Euro), wie aus einem am Montag in Stockholm veröffentlichten Sipri-Bericht hervorgeht. Das waren 3,5 Prozent weniger als im Vorjahr. Doch schon 2023 laufen die Geschäfte den Angaben zufolge wieder besser.

Der weltweite Rückgang sei vor allem auf die sinkenden Einnahmen großer US-amerikanischer Konzerne zurückzuführen, die die steigende Nachfrage nicht unmittelbar bedienen konnten. 42 der 100 größten Rüstungsunternehmen haben ihren Sitz in den USA. Ihre Umsätze fielen teils deutlich, im Durchschnitt um fast 8 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

„Viele Rüstungsunternehmen hatten Schwierigkeiten, sich auf die Produktion für die hochintensive Kriegsführung einzustellen“, sagte Sipri-Forscherin Lucie Béraud-Sudreau. Der Arbeitskräftemangel, steigende Kosten und Unterbrechungen der Lieferketten hätten die US-amerikanischen Hersteller zunächst daran gehindert, die Produktion zu erhöhen. Da aber entsprechende Verträge abgeschlossen wurden, rechnet das Friedensforschungsinstitut schon in diesem Jahr wieder mit steigenden Umsätzen.

Ein Fünftel der weltweiten Rüstungsinvestitionen fließt dem Bericht zufolge in europäische Unternehmen, von denen laut Sipri 26 zu den 100 größten weltweit zählen. Ihre Umsätze stiegen demnach 2022 um rund ein Prozent auf 121 Milliarden US-Dollar. So profitieren Waffenproduzenten aus Deutschland, Norwegen und Polen von der steigenden Nachfrage aufgrund des Krieges in der Ukraine.

Laut dem Sipri-Forscher Lorenzo Scarazzato wurde vor allem Material, „das für einen Zermürbungskrieg geeignet ist, wie Munition und gepanzerte Fahrzeuge“, vermehrt gekauft. Airbus steigerte die Einkünfte mit Rüstungsgütern nach den Angaben um 17 Prozent, der deutsche Hersteller Rheinmetall verzeichnete ebenfalls einen Zuwachs. Der Umsatz aus den Waffengeschäften von ThyssenKrupp fiel dagegen um 16 Prozent. Sipri führt das darauf zurück, dass das Unternehmen weniger Militärschiffe als im Vorjahr verkaufen konnte.

Die weltweit größte Umsatzsteigerung verzeichneten die Friedensforscherinnen und Forscher im Nahen Osten. Die Einnahmen türkischer Konzerne lagen demnach 22 Prozent höher als im Vorjahr, während die Umsätze israelischer Unternehmen um 6,5 Prozent stiegen.

Auch die Geschäfte von Unternehmen aus Asien und Ozeanien seien deutlich gewachsen: Im zweiten Jahr in Folge waren die Einnahmen der größten dort ansässigen Rüstungshersteller höher als die europäischer Firmen. Vor allem Hersteller in China, Indien, Japan und Taiwan profitieren laut den Zahlen von Sipri von anhaltenden staatlichen Investitionen in die Modernisierung des Militärs. Nach den USA fällt der zweitgrößte Anteil an der internationalen Waffenproduktion auf China.

Die Datenlage zu russischen Unternehmen werde dagegen zunehmend unklar, beklagte das Friedensforschungsinstitut. Aufgrund fehlender Transparenz sei es bei nur zwei russischen Unternehmen möglich gewesen, sie in der Liste der weltweit größten Rüstungshersteller zu führen.