Sicherheitskräfte verhindern Wiederwahl von Guaidó im Parlament

Berlin/Caracas (epd). In Venezuela haben Sicherheitskräfte die Wiederwahl des Oppositionspolitikers Juan Guaidó zum Parlamentspräsidenten im Nationalkongress verhindert. Sie versperrten Guaidó und anderen Oppositionsabgeordneten am Sonntag (Ortszeit) den Zutritt zu dem Gebäude, wie Guaidó im Kurznachrichtendienst Twitter dokumentierte. Dort stand die Neuwahl des Präsidenten auf der Tagesordnung. Die Oppositionsabgeordneten versammelten sich danach im Gebäude der regierungskritischen Zeitung "El Nacional" und wählten dort in einer improvisierten Sitzung Guaidó zum Parlamentspräsidenten.

Guaidó sprach von einem "parlamentarischen Staatsstreich der Diktatur", die wiederholt dem Parlament seine Rechte wegnehmen wolle. Er sei mit 100 Stimmen und damit mit der Mehrheit des Parlaments gewählt worden. Die Opposition stellt im Nationalkongress zwei Drittel der Abgeordneten.

Zeitgleich verkündete der Abgeordnete Luis Parra, neuer Präsident des Parlaments zu sein. Er sei mit den Stimmen der Regierungspartei PSUV (Sozialistische Einheitspartei) gewählt worden, erklärte Parra. Seinen Anspruch auf den Parlamentsvorsitz begründete Parra damit, dass er mit 79 Jahren das älteste Mitglied der Nationalversammlung sei. Die Opposition erklärte die Wahl von Parra für ungültig, weil das Parlament nicht beschlussfähig gewesen sei.

Der venezolanische Präsident Nicolás Maduro sagte, Guaidó sei mit den Stimmen der Abgeordneten aus dem Parlament geworfen worden. Im Staatsfernsehen wurde Parra als neuer Parlamentspräsident präsentiert.

Der Vorsitzende der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), Luis Almagro, gratulierte Guaidó via Twitter und erklärte, dieser stehe damit weiter einer Regierung des Übergangs vor. Auch US-Außenminister Mike Pompeo sandte Glückwünsche und schrieb, Guaidó sei der legitime Anführer der Nationalversammlung: "Nur eine Übergangsregierung, die freie und faire Präsidentschaftswahlen organisiert, kann die Krise beenden."

Seit Monaten tobt in dem von einer schweren Wirtschaftskrise gezeichneten Land ein politischer Machtkampf zwischen Anhängern von Maduro und der Opposition. Vor knapp einem Jahr hatte sich Parlamentspräsident Guaidó zum Interimspräsidenten ausgerufen und wird inzwischen von mehr als 50 Staaten anerkannt. Auf der Seite von Maduro stehen Länder wie Kuba, Russland und die Türkei. Das Militär steht mehrheitlich loyal zu Maduro und ist sein größter Machtfaktor.

Die Bundesregierung erkennt den venezolanischen Oppositionspolitiker Juan Guaidó auch nach dessen verhinderter Wiederwahl weiter als legitimen Parlamentspräsidenten an. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes kritisierte am Montag in Berlin, die Regierung von Präsident Nicolás Maduro habe versucht, die Wahl in der Nationalversammlung zu manipulieren und die Demokratie weiter auszuhöhlen.