Sicherheitsexperten: Die westlich basierte Weltordnung ist am Ende

Osnabrück (epd). Sicherheitsexperten und Friedensforscher sehen im Terror, wie er von der Hamas in Israel ausgeübt wurde, eine neue und zunehmend angewendete Art der Kriegsführung. Sie diene dazu, die Zivilbevölkerung zu schwächen und zur Aufgabe zu bewegen, sagte Carlo Masala, Professor für Internationale Politik an der Bundeswehr-Universität München, am Mittwochabend in Osnabrück. Zugleich sollten die eigenen Anhänger mobilisiert werden. Allerdings habe sich die Hamas in Bezug auf die israelische Bevölkerung damit ebenso verrechnet wie Putin mit der Ukraine.

Der Politikwissenschaftler geht davon aus, dass Israel alles versuchen werde, die Hamas „militärisch und politisch aus dem Spiel zu nehmen“. Eine komplette Zerstörung der Terrororganisation werde kaum gelingen. Eine Bodenoffensive sei das einzige Mittel, um die strategische Abschreckung in der Region wiederherzustellen. „Alles unterhalb einer Bodenoffensive wäre ein Gewinn für die Hamas und den Iran.“ Die Bundesregierung müsse klären, wie weit sie bei der Unterstützung Israels gehen würde.

Masala war zu Gast in SWR-Talkshow „Demokratie-Forum“ mit Moderator Michel Friedman, die anlässlich des 375. Jahrestags des Westfälischen Friedens aus dem Felix-Nussbaum-Haus in Osnabrück gesendet wurde. Er diskutierte mit der Direktorin des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg, Ursula Schröder, und dem langjährigen CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz.

Schröder führte Zahlen ins Feld, wonach die Zivilbevölkerung weltweit vermehrt zum Opfer in gewalttätigen Konflikten werde. Das gelte auch für Syrien, den Jemen oder Aserbaidschan. So seien im Jahr 2022 mit 238.000 doppelt so viele Zivilisten durch Kriegshandlungen gestorben wie im Jahr zuvor.

Die Friedensforscherin sieht die auf den westlichen Werten basierte Weltordnung an ein Ende gekommen. Die Eskalation in Israel sei „der letzte Sargnagel“ für diese Ordnung. Die Staaten außerhalb des Westens hätten sie nie für gerecht gehalten. Deutschland habe, wenn überhaupt, nur innerhalb einer stärkeren EU die Chance, Einfluss zu nehmen.

Zur Zusammenarbeit auch mit totalitären Staaten zwinge nicht zuletzt die planetare Bedrohung durch die Klimakrise, sagte Schröder. Zu alldem fehle der deutschen Außenpolitik noch eine eigene Strategie. Europa selbst werde sich aufgrund des Ukrainekonflikts noch lange Jahre im Krieg befinden.

Polenz beurteilte die weltpolitische Lage optimistischer. Immerhin habe es bisher noch nie einen Krieg zwischen zwei demokratischen Staaten gegeben. Der CDU-Politiker machte auf Errungenschaften aufmerksam, wie die Charta von Paris von 1990. Sie verpflichte bis heute nicht nur Europa, die USA und Kanada, sondern auch Russland als Nachfolgestaat der Sowjetunion zu einem Gewaltverbot. „Da müssen wir wieder hinkommen“, betonte er.