Scholz: Es darf keinen Atomkrieg geben

Berlin/Hamburg (epd). Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) begründet seine Zurückhaltung bei der Lieferung von schweren Waffen an die Ukraine mit der Gefahr eines Atomkriegs. „Ich tue alles, um eine Eskalation zu verhindern, die zu einem dritten Weltkrieg führt“, sagte er dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ in einem am Freitag veröffentlichten Interview. „Es darf keinen Atomkrieg geben“, betonte Scholz.

Bei der Frage von Waffenlieferungen stehe für ihn nicht Angst im Vordergrund, sondern seine „politische Verantwortung“. Der Sozialdemokrat fügte hinzu: „Ich habe einen Amtseid geschworen. Ich habe sehr früh gesagt, dass wir alles tun müssen, um eine direkte militärische Konfrontation zwischen der Nato und einer hochgerüsteten Supermacht wie Russland, einer Nuklearmacht, zu vermeiden.“

Zwar gebe es „kein Lehrbuch für diese Situation, in dem man nachlesen könnte, ab welchem Punkt wir als Kriegspartei wahrgenommen werden. Das Buch wird täglich neu geschrieben, manche Lektionen liegen noch vor uns“, sagte Scholz. Aber nach seiner Einschätzung hätte schon die Einführung einer Flugverbotszone die Nato zur Kriegspartei gemacht. Zugleich kündigte er aber weitere Waffenlieferungen an - und zwar von Panzerabwehrwaffen, Panzerrichtminen und Artilleriemunition.

Mit Blick auf die ukrainischen Bitten nach schweren Waffen hatte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) am Donnerstag eine Art „Ringtausch“ in Aussicht gestellt, bei dem osteuropäische Staaten, die noch über sowjetisch produziertes Waffenmaterial verfügen, dies an die Ukraine abgeben und Deutschland wiederum beim Auffüllen der dadurch entstehenden Lücken hilft. Auch Scholz hatte zuvor ein solches Vorgehen thematisiert.

In Deutschland sind seit dem russischen Überfall auf die Ukraine vor gut acht Wochen 369.381 Kriegsflüchtlinge von der Bundespolizei registriert worden. „Die Zahlen können tatsächlich höher sein, weil wir keine lückenlosen Grenzkontrollen haben“, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums in Berlin. Es sei aber auch möglich, dass die Zahl der sich in Deutschland aufhaltenden Geflüchteten niedriger sei, da einige beispielsweise zurückgereist sein könnten.

Insgesamt nehme die Zahl der in Deutschland erfassten Flüchtlinge nach den Höchstständen Anfang März deutlich ab. Damals seien täglich mehr als 10.000 Menschen erfasst worden. Momentan würden pro Tag nur noch zwischen 2.500 und 3.500 Personen gezählt. Seit Kriegsbeginn sind nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR mehr als fünf Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen, die meisten von ihnen nach Polen.

Das Entwicklungsministerium hat der Ukraine nach Angaben eines Sprechers derweil 122 Millionen Euro für Aufbauhilfe bereitgestellt. Es seien aktuell noch 37 Millionen Euro hinzugekommen, vor allem um Wohnraum für Binnenvertriebene zu schaffen, da die meisten Menschen auf der Flucht sich innerhalb der Ukraine aufhielten. So werde in der Westukraine dringend Wohnraum benötigt. Ein zweiter Schwerpunkt sei die Instandhaltung des Stromnetzes. Dem Ministeriumssprecher zufolge sollen weitere Gelder fließen, sobald der Ergänzungshaushalt beschlossen ist. Die Internationale Organisation für Migration (IOM) geht von mehr als sieben Millionen Binnenvertriebenen in der Ukraine aus.