Sachverständige plädieren für Änderungen am Demokratie­förder­gesetz

Die Ampel will die Arbeit freier Träger für demokratische Kultur und Extremismusprävention verlässlicher fördern. Experten begrüßen das im Grundsatz, sehen aber auch heikle Details. Das Gesetz dürfe kein Instrument der Erziehung von Bürgern werden.

Berlin (epd). Das geplante Demokratiefördergesetz stößt auf Kritik in Wissenschaft und Praxis. In einer Sachverständigenanhörung am Montag im Bundestag beklagten Vertreter von Opfer- und mobilen Beratungsstellen Mängel im Entwurf des Gesetzes, das Trägern politischer Bildung und Initiativen für demokratische Kultur eine verlässlichere Finanzierung sichern soll. Der bisherige Entwurf bliebe „weitgehend abstrakt und unkonkret“, hieß es in der Stellungnahme des Bundesverbands Mobile Beratung, der Angebote zum Umgang mit Rechtsextremismus vernetzt. Andere Sachverständige äußerten die Sorge, dass der Bund sich in Aufgaben einmische, für die er nicht zuständig sei.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) wollen mit dem Demokratiefördergesetz eine verlässliche finanzielle Grundlage für Träger politischer Bildung oder Projekten schaffen, die sich für die Stärkung von Demokratie, Akzeptanz von Vielfalt und Prävention von Extremismus einsetzen. Bislang bekommen sie in der Regel nur befristete Projektmittel. Auch erfolgreiche Initiativen stehen damit immer wieder vor dem Aus.

Das geplante „Gesetz zur Stärkung von Maßnahmen zur Demokratieförderung, Vielfaltgestaltung, Extremismusprävention und politischen Bildung“ soll die Förderung solcher Projekte als gesetzlichen Auftrag festschreiben. Voraussetzung für die Förderung ist, dass die Antragsteller die Ziele des Grundgesetzes achten, heißt es im Gesetzentwurf. Zudem soll im Gesetz festgeschrieben werden, dass der Bund auch eigene Maßnahmen zur Stärkung der Demokratie ergreift.

Dass der Bund zuerst auch an sich denke, sei befremdlich, kritisierte Rolf Halfmann von der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung in der Anhörung im Familienausschuss. Zudem widerspreche dies dem Subsidiaritätsprinzip: Der Bund dürfe private Bildungsarbeit nicht durch eigene verdrängen, argumentierte er.

Der Verfassungsrechtler Tim Wihl äußerte Zweifel, ob der Bund für das Gesetz in der vorliegenden Form zuständig sei. Dies sei im Bereich der politischen Bildung der Fall. Der Entwurf argumentiere aber auch mit der „wehrhaften Demokratie“ und damit einer sicherheitsbezogenen Präventionsaufgabe. Dies sei eigentlich Länderaufgabe.

Grundsätzlich begrüßten die Sachverständigen aus der Praxis das Vorhaben, etablierte Projekte auf sichere Beine zu stellen. Es sei nicht zielführend, immer wieder aufhören zu müssen, sagte Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung. Der Islamismusexperte Ahmad Mansour sagte, es mache keinen Spaß, „wenn jeden Dezember die Finanzierung für Januar nicht klar ist“.

Mansour sieht den Entwurf nach eigenen Worten dennoch kritisch und verwies wie andere Sachverständige auch auf die noch fehlenden konkreten Kriterien für die Förderung. Diese müssten transparent sein, sagte Mansour. Die Chance auf Förderung dürfe nicht von der Nähe zu Regierenden abhängig sein, sagte der Psychologe und Autor, der von der Union als Experte benannt wurde.

Der Politikwissenschaftler Christopher Gohl regte an, dass der Bundestag selbst bei der Formulierung der Kriterien eine Rolle spielen könne. Er warnte zudem davor, das Ziel des Gesetzes auf Sicherheitsinteressen zu verkürzen. Es müsse darum gehen, Toleranz, Dialog und Lernfähigkeit als Metakompetenzen in einer Demokratie zu stärken, und nicht darum, „Menschen gedanklich auf Linie zu bringen“. „Das Demokratiefördergesetz darf kein Instrument der Erziehung von Bürgern werden“, sagte der von der FDP benannte Sachverständige. Der Entwurf wird nun weiter im Bundestag beraten, bevor abschließend im Plenum darüber abgestimmt wird.