Rückschlag für Friedensprozess in Kolumbien

Berlin/Bogotá (epd). Die Hoffnung auf dauerhaften Frieden in Kolumbien hat einen herben Rückschlag erlitten: Nach dem Bombenanschlag in der Hauptstadt Bogotá erklärte Präsident Iván Duque die Friedensgespräche mit der linksgerichteten Guerilla ELN offiziell für beendet. Zugleich setzte er zehn internationale Haftbefehle gegen ELN-Unterhändler wieder in Kraft, die sich in Kuba zu Verhandlungen mit der kolumbianischen Regierung aufhalten sollen, wie die Zeitung "El Tiempo" am Wochenende berichtete. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft hat die ELN am Donnerstag das Attentat auf eine Polizeischule mit 21 Toten und rund 70 Verletzten verübt.

"Für ganz Kolumbien ist heute klar, dass die ELN nicht den geringsten Willen für Frieden hat", sagt Duque in einer TV-Ansprache und kündigte ein hartes Vorgehen gegen die Guerilla an. Die ELN sei eine "kriminelle Maschinerie von Entführungen und Attentaten". "Wenn die ELN wirklich Frieden will, muss sie dies mit konkreten Taten wie der Freilassung aller Geiseln und dem Ende von Anschlägen zeigen", sagte Duque, der im August das Präsidentenamt angetreten hatte. Beobachter befürchten jetzt eine neue Gewaltwelle in dem von Bürgerkrieg zerrissenem südamerikanischen Land.

Duques Vorgänger Juan Manuel Santos hatte den jahrzehntelangen Guerilla-Krieg mit den linksgerichteten Rebellen der Farc 2016 mit einem Friedensabkommen beendet. Seit Anfang 2017 verhandelten Regierung und ELN über ein Ende der Gewalt. Außer einer mehrmonatigen Waffenruhe gab es keine handfesten Vereinbarungen. Die Gespräche wurden mehrfach wegen Gewaltakten der ELN unterbrochen. 

Seit Ende des Jahres soll sich eine Delegation der Rebellen in Havanna zu einem erneuten Versuch von Friedensgesprächen aufhalten. Duque forderte die kubanische Regierung auf, die Haftbefehle gegen die ELN-Unterhändler umzusetzen und die Rebellen an Kolumbien auszuliefern. Der kubanische Außenminister Bruno Rodríguez schrieb auf Twitter, dass sich sein Land an die gegenseitigen Vereinbarungen halte. Diese sehen allerdings keine Auslieferung der Rebellen vor.

Am Donnerstagvormittag war eine Autobombe in einer Polizeischule im Süden der kolumbianischen Hauptstadt explodiert. Die Ermittler identifizierten ein langjähriges ELN-Mitglied als den Attentäter, der bei dem Anschlag getötet wurde. Bei den Opfern handelt es sich größtenteils um junge Leute. An der Schule wurden 900 zukünftige Polizisten ausgebildet. Der Anschlag war der schwerste in Bogotá seit 16 Jahren. 2003 hatte die inzwischen zur politischen Partei umgewandelte Farc ein Attentat auf einen Club mit angeschlossenem Hotel und Restaurant verübt, bei dem 36 Menschen getötet wurden.

In einem offenen Brief rief der ehemalige Guerilla-Führer und jetzige Vorsitzende der Farc-Partei, Rodrigo Londoño, den kolumbianischen Präsidenten nun auf, nicht übereilt einen "totalen Krieg" auszurufen. Er forderte die ELN auf, ihre Bereitschaft für Frieden zu zeigen.

Die 1964 gegründete ELN (Ejército de Liberación Nacional - Nationale Befreiungsarmee) gilt als die letzte aktive Guerilla in Lateinamerika. Insgesamt soll sie etwa 1.500 Kämpfer haben. Sie ist vor allem im Grenzgebiet zu Venezuela aktiv, aber auch im Zentrum des Landes. Kolumbiens Regierung beschuldigte die linksgerichtete venezolanische Führung unter Präsident Nicolás Maduro mehrfach, der ELN Schutz zu gewähren. In den vergangenen Wochen haben die Gewaltakte der Guerilla wieder zugenommen. Derzeit soll sie 17 Menschen entführt und in ihrer Gewalt haben. Die Guerilla verübte zudem Dutzende Anschläge auf Polizeistationen und Öl-Pipelines.

Bei dem seit mehr als 50 Jahren andauernden Bürgerkrieg in Kolumbien zwischen staatlichen Kräften, linken Guerillagruppen und rechten Paramilitärs wurden mehr als 260.000 Menschen getötet, etwa sieben Millionen wurden vertrieben. Etwa 80.000 Kolumbianer gelten als vermisst.