Ringen mit der Vergangenheit

Dresden (epd). Vier Luftangriffe flogen die westlichen Alliierten. Die Dresdner Innenstadt wurde dabei zwischen dem 13. und 15. Februar 1945 nahezu vollständig zerstört. Bis zu 25.000 Menschen starben. In diesem Jahr jährt sich die Katastrophe zum 75. Mal. 

Sie kam nicht von ungefähr, sie hatte eine Vorgeschichte. Dresden war im Zweiten Weltkrieg bedeutender Militärstandort, Verkehrsknotenpunkt und Rüstungszentrum. Seit einigen Jahren wird rund um den Dresdner Kriegsgedenktag am 13. Februar explizit auch daran erinnert. Der "Mahngang Täterspuren" des linken Bündnisses "Dresden Nazifrei" führt zu Orten von NS-Unrecht.  

Zum 75. Jahrestag der Angriffe wird Bundespräsident Frank-Walther Steinmeier im Dresdner Kulturpalast eine Gedenkrede halten. Danach will er sich in die Menschenkette einreihen, die die Dresdner Hand in Hand seit 2010 am 13. Februar um das Stadtzentrum bilden - ein Zeichen für Toleranz und Frieden.  

Auf dem Heidefriedhof werden erstmals die Namen von fast 4.000 Opfern gelesen. Dezentrale Gedenkfeiern finden zudem auf fünf weiteren Friedhöfen statt. Es gibt Kunstaktionen, Podien und Gesprächsrunden sowie das stille Gedenken an der Frauenkirche, bei dem Kerzen auf dem Neumarkt aufgestellt werden. 

Am Abend eines jeden 13. Februar läuten zum Zeitpunkt des ersten Angriffs, 21.45 Uhr, die Kirchenglocken der Stadt. Im Umfeld des Gedenktages wird zudem ein Friedenspreis verliehen, in diesem Jahr an die syrische Bildungsaktivistin und Unicef-Botschafterin Muzoon Almellehan. 

Linksgerichteten Initiativen ist das zu wenig. Sie werfen der Stadt Dresden ein "Zelebrieren des Opfermythos" vor. Zugleich beklagen sie fehlende Proteste der Zivilgesellschaft. Die Menschenkette sei lediglich ein Symbol und verhindere keine Neonaziaufmärsche, sagt Rita Kunert von "Dresden Nazifrei". 

Tatsächlich missbrauchen Rechtsextreme den Kriegsgedenktag für ihre Zwecke und melden regelmäßig um den 13. Februar in Dresden Demonstrationen an; in diesem Jahr wollen sie am 15. Februar aufmarschieren. Dagegen formiert sich aus vorwiegend linken Gruppen Protest.

Der Moderator der städtischen Arbeitsgemeinschaft 13. Februar, Joachim Klose, lobt des Engagement der Zivilgesellschaft für eine Gedenkkultur. Zugleich räumt Klose aber auch ein: "Ohne die Gegendemonstranten befänden wir uns im freien Fall." Er wünsche sich, dass noch mehr Menschen auf die Straße gingen, auch wenn Widerstand nicht nur dort, sondern auch in den Köpfen stattfinde. Der Moderator spricht von einer "geistigen Präsenz und Abwehr", die es zu zeigen gelte. Denn, so betont er, "wenn Rechtsextreme keine Resonanzräume finden, kommen sie nicht."

Seit jeher gebe es eine starke propagandistische Aufladung und politische Inanspruchnahme der Ereignisse im Februar 1945 in Dresden, sagt Matthias Neutzner vom Dresdner Verein "Memorare Pacem". Das habe nur wenige Tage nach den Angriffen begonnen, als die Nazis höhere Opferzahlen angegeben hätten. Im Gegenzug hätten sich Briten und Amerikaner bemüht, die Bombardierung als militärische Notwendigkeit zu legitimieren. 

Der politische Missbrauch des Gedenkens habe sich dann in der DDR fortgesetzt, sagt Neutzner. Die ostdeutsche Propaganda nutzte die Erinnerung an die Zerstörung Dresdens als Anklage gegen den Westen.

2010 hatte eine Historikerkommission, der Neutzner angehörte, nach mehrjähriger Forschungsarbeit die Opferzahl der Angriffe auf Dresden deutlich nach unten korrigiert. Schwankten die Zahlen vorher zwischen 35.000 und mehr als 100.000, so wurden sie nun zwischen mindestens 18.000 und maximal 25.000 festgeschrieben. Zum Vergleich: In Hamburg seien nach Bombenangriffen innerhalb von zwei Tagen mehr als 35.000 Menschen ums Leben gekommen, in Pforzheim 18.000, sagt Neutzner.   

Dresden tat sich lange Zeit schwer, eine Gedenkkultur jenseits von Kranzniederlegungen zu etablieren. Doch in den vergangenen zehn Jahren seien zahlreiche Aktionen gewachsen, es gebe eine "Vielfalt der Erinnerung", sagt Klose. Die Menschenkette versteht er als ein "Bollwerk gegen Rechtsextremisten, für ein demokratisches und friedfertiges Gemeinwesen".  

Im Zentrum des Dresdner Gedenktages steht die wiederaufgebaute Frauenkirche - das Symbol der Versöhnung. Nach den Luftangriffen war sie am 15. Februar 1945 unter der Last ihrer steinernen Kuppel in sich zusammengebrochen. 
Frauenkirchenpfarrer Sebastian Feydt begrüßt die vielfältigen Aktionen der Stadtgesellschaft. 75 Jahre nach der Bombardierung stelle Dresden sein Erinnern in einen europäischen und internationalen Kontext, mit Gästen aus den Partnerstädten und den Fördervereinen der Frauenkirche. Es sei gut, betont Feydt, "aus der selbstgenügsamen Nabelschau herauszukommen und den Fokus auf eine Opferrolle abzulegen." 

Der Dresdner Gedenktag am 13. Februar erinnert an die Zerstörung der Elbestadt kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges und die zahlreichen Opfer. Er steht aber auch für die Sinnlosigkeit von Krieg und Gewalt. Dresden war im Zweiten Weltkrieg eine Rüstungsproduktionsstätte der Nationalsozialisten und ein bedeutender Verkehrsknotenpunkt. 

Bis zu 25.000 Menschen wurden nach Angaben der Dresdner Historikerkommission getötet, als britische und US-amerikanische Bomberverbände zwischen dem 13. und 15. Februar 1945 vier Angriffe auf die Stadt flogen. Die Stadt versank in Schutt und Asche. Nahezu die komplette Innenstadt wurde zerstört, darunter auch Wahrzeichen wie der Zwinger, das Residenzschloss und die Frauenkirche. 

Die Stadt erinnert jedes Jahr am 13. Februar mit zahlreichen Veranstaltungen an die Opfer des von Deutschland verschuldeten Krieges. Seit 2010 gibt es an diesem Tag eine Menschenkette um das Stadtzentrum - als Zeichen für Frieden und Toleranz. Um 21.45 Uhr, dem Zeitpunkt des ersten Fliegeralarms, läuten die Glocken der Stadt. 

Im Zentrum des Gedenkens steht die Dresdner Frauenkirche. Ihr Wiederaufbau nach 1990 wurde zum Symbol des Friedens und der Versöhnung. 2005 wurde die nach historischem Vorbild errichtete Frauenkirche feierlich eingeweiht. 

Seit Jahren missbrauchen Rechtsextremisten den Gedenktag für ihre Propaganda und melden in zeitlicher Nähe Demonstrationen an. Dagegen regt sich Widerstand vor allem von linken Gruppen. 2011 kam es bei Gegendemonstrationen und Blockaden zu massiven Ausschreitungen. 

In der Stadt gibt es immer wieder Debatten über eine geeignete Form des Gedenkens. Um die unterschiedlichen Meinungen zusammenzuführen, berief Dresdens damalige Oberbürgermeisterin Helma Oroz (CDU) 2009 die Arbeitsgemeinschaft 13. Februar ein.