Regionalbischöfin: Friedensidee "rutscht uns gerade total weg"

Weißenburg (epd). Die Nürnberger Regionalbischöfin Elisabeth Hann von Weyhern fühlt sich „zerrissen“ angesichts des eskalierenden Nahost-Konflikts und des Ukrainekrieges. Wenn sie die Nachrichten sehe, habe sie den Eindruck, dass die Gewalt zunehme, sagte sie am Sonntag zur Eröffnung der Ökumenischen Friedensdekade in Bayern in Weißenburg laut Redemanuskript.

„Ich habe das flaue Gefühl, dass ich mich, wir uns zu lange in den hellen Bildern einer immer besser und heiler werdenden Welt eingerichtet haben“. Die Idee, dass Frieden möglich sei, „rutscht uns gerade total weg“, sagte sie mit Blick auf den seit Februar 2022 andauernden Ukraine-Krieg und den Angriff der radikalislamischen Terrororganisation Hamas auf Israel vom 7. Oktober.

„Nicht, dass die Welt in den letzten Jahrzehnten wirklich friedlich gewesen wäre“, sagte sie weiter. Aber bei gewissen Dingen habe sie doch das Gefühl gehabt, man könne sich halbwegs darauf verlassen: „Dass nicht einfach ein Land ein anderes überfällt, um es zu erobern“ und „dass die Menschen in Israel in einer gewissen Sicherheit leben können“.

Die Realität belehre sie gerade eines Schlechteren. „Es zerreißt mich schier.“ Wie könne man reagieren, ohne die Opfer im Stich zu lassen oder einfach mit gleicher Münze und größerer Feuerkraft zurückzuzahlen? Würde ein Waffenstillstand im Nahost-Konflikt nicht Israel das Recht zur Selbstverteidigung absprechen - und im Ukraine-Krieg nicht dem Aggressor Russland recht geben?, zeigt sich Hann von Weyhern nachdenklich.

Martin Tontsch, Referent für konstruktive Konfliktbearbeitung bei der bayerischen Landeskirche, der mit Hann von Weyhern die Dialopredigt hielt, mahnte dennoch, weiterhin für einen „gerechten Frieden“ einzutreten. Dieser sei ein zentraler und wichtiger Gedanke in der christlichen Friedensethik. Frieden sei ein Prozess von abnehmender Gewalt und zunehmender Gerechtigkeit. „Frieden ohne Gerechtigkeit ist nie mehr als ein Waffenstillstand.“