Petition fordert Verhandlungen statt Waffenlieferungen an Ukraine

Während Russland die Ukraine mit massiven Angriffen überzieht, warnen Prominente hierzulande, darunter die frühere EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann, vor Waffenlieferungen an das Land und fordern eine Verhandlungslösung.

Hannover/Frankfurt a.M. (epd). Eine am Freitag von der Linkenpolitikerin Sahra Wagenknecht und der Publizistin Alice Schwarzer gestartete Petition hat den Streit um Waffenlieferungen an die Ukraine am Wochenende neu entfacht. Die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und ehemalige Landesbischöfin von Hannover, Margot Käßmann, gehört neben anderen bekannten Persönlichkeiten zu den Erstunterzeichnerinnen des auf der Petitionsplattform change.org veröffentlichten Begehrens. Bis Sonntagmittag unterzeichneten annähernd eine Viertelmillion Menschen die Petition mit dem Titel „Manifest für Frieden“.

Darin wird Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) aufgefordert, „die Eskalation der Waffenlieferungen zu stoppen. Jetzt!“ Außerdem solle er sich umgehend für einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen einsetzen. Die Initiatorinnen warnen ebenso wie Käßmann in öffentlichen Äußerungen vor einem dritten Weltkrieg.

Käßmann bezweifelte im Interview mit dem Deutschlandfunk (Samstag), dass die Ukraine den Krieg gegen Russland gewinnen könne. Es gebe auch Stimmen, die diese Einschätzung als unrealistisch bezeichneten. Die Theologin von Hannover zeigte sich überzeugt, dass weiteres Aufrüsten „in einem jahrelangen Patt enden“ werde.

In der Petition heißt es zu diesem Punkt: „Die Ukraine kann zwar - unterstützt durch den Westen - einzelne Schlachten gewinnen. Aber sie kann gegen die größte Atommacht der Welt keinen Krieg gewinnen.“ Zu den Erstunterzeichnenden gehören neben den Initiatorinnen und Käßmann unter anderem der Journalist Franz Alt, der Schauspieler Henry Hübchen, die Schauspielerinnen Hanna Schygulla, Jutta Speidel und Katharina Thalbach, der Sozialmediziner und ehemalige Bundespräsidentschaftskandidat Gerhard Trabert, der CSU-Politiker Peter Gauweiler, der SPD-Politiker Günter Verheugen, die Grünen-Politikerin Antje Vollmer, der Dirigent Justus Frantz und der Sänger Reinhard Mey.

Kritik kam von Petra Bahr, Regionalbischöfin für den Sprengel Hannover der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers. Sie schrieb auf Twitter: „Die unfassbaren Kriegsverbrechen und die brutalste Umsetzung lang angekündigter imperialer Fantasien vor aller Augen verbieten es mir als Christin, meine Sehnsucht nach Frieden rücksichtslos vor das Leid der Menschen in der Ukraine zu stellen.“

Auch der ukrainischen Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, widersprach dem Petitionsbegehren: „Wir wollen den Krieg gegen Riesen-Russland gewinnen“, sagte der Diplomat im Interview der Woche des Deutschlandfunks (Sonntag). Skeptisch äußerte sich Makeiev zu möglichen Friedensgesprächen. Er wolle zwar Frieden, aber „Frieden muss erkämpft werden“, unterstrich der Botschafter.

Ob es zu Verhandlungen zwischen den beiden Ländern kommt, hänge von Russland und seinem Präsidenten Wladimir Putin ab. „Wir haben kein Zeichen dafür, dass Russland irgendwie interessiert ist, den Frieden zu erreichen“, machte Makeiev deutlich. Stattdessen wolle die politische Führung des Landes, „dass die Ukraine als Land nicht mehr existiert“.

Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne), die sich ehrenamtlich in der evangelischen Kirche engagiert, äußerteebenfalls scharfe Kritik an dem „Manifest für Frieden“. Sie nannte es in den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntag) „nicht nur naiv, sondern auch unehrlich“. Die Initiatorinnen befürworteten damit, dass Putin und seine Leute weiterhin unschuldige Ukrainerinnen und Ukrainer überfallen, einsperren, vergewaltigen und verschleppen ließen. „Es ist nicht der Westen, der mit Waffen zur Verteidigung eine rote Linie überschreitet. Die rote Linie hat Putin überschritten: vor neun Jahren mit der Annexion der Krim“, sagte die Grünen-Politikerin.