Pakistan kündigt Ausweisung indischer Diplomaten an

Dubai/Neu-Delhi (epd). Die verfeindeten Atommächte Pakistan und Indien steuern im Streit um Kaschmir einen gefährlichen Konfrontationskurs: Pakistan kündigte am Mittwoch an, indische Diplomaten auszuweisen und den Handel zwischen beiden Staaten auszusetzen, wie die Tageszeitung "Dawn" berichtete. Damit reagierte Islamabad auf die Abschaffung des Autonomie-Status im indischen Teil Kaschmirs, den Regierung und Parlament in Neu-Delhi vollzogen haben. Das mehrheitlich muslimische Kaschmir wird von beiden Ländern beansprucht und ist geteilt. 

Derweil blieb die Lage im indischen Teil Kaschmirs am Mittwoch angespannt. Ein Demonstrant starb in der Stadt Srinagar laut Medienberichten nach einer Verfolgungsjagd mit der Polizei. Mehr als 100 Menschen wurden festgenommen - darunter auch Politiker und Aktivisten. Zudem sollen mindestens sechs Menschen mit Schussverletzungen in Krankenhäuser eingeliefert worden sein. Telefonleitungen und Internetverbindungen waren weitgehend blockiert. Versammlungsverbot und Ausgangsbeschränkungen legten das Alltagsleben in der Himalaya-Region lahm.

Am Dienstag hatte das indische Parlament in Neu-Delhi die Rücknahme der Sonderrechte des Bundesstaates Jammu und Kaschmir beschlossen - und die Schaffung eines neuen Bundesstaates Ladakh. Es ist eine der weitreichendsten Verfassungsänderungen in Indien seit der Unabhängigkeit 1947. 

Das Kaschmir-Gebiet ist seit damals Streitpunkt zwischen Indien und Pakistan, die mehrere Kriege darum geführt haben. Pakistan warnte Indien nach der Abschaffung der Kaschmir-Autonomie vor einer Eskalation der Gewalt. Es werde mehr Terroranschläge in der umstrittenen Region geben, sagte Ministerpräsident Imran Khan und sprach von einem "brutalen und rassistischen Regime" in Indien. 

Trotz Ausgangssperren und Polizeipräsenz kam es im indischen Teil Kaschmirs zu Protesten. Wichtige kaschmirische Politiker - darunter auch die ehemaligen Regierungschefs, Mehbuba Mufti und Omar Abdullah - stehen weiter unter Hausarrest. Indien hat in den vergangenen Tagen rund 46.000 weitere Sicherheitskräfte in Kaschmir stationiert, wo sich immer wieder Separatisten erheben.

In einem in den sozialen Medien geteilten Facebook-Post schrieb der ehemalige Staatsbeamte Shah Faesal über das Vorgehen der indischen Regierung in Kaschmir: "Man kann sagen, dass acht Millionen Menschen eingesperrt wurden wie nie zuvor". 

Indiens Verfassung sicherte bislang Kaschmir in Artikel 370 weitgehende Sonderrechte und eine eigene Verfassung zu. Dort durften nur Menschen aus Kaschmir Land erwerben und sich ansiedeln. Auch wenn die Autonomie des Bundesstaates in den letzten Jahrzehnten immer weiter ausgehöhlt wurde, hat sie einen enormen symbolischen Wert für die Einwohner. Viele befürchten nun, "hinduisiert" zu werden. 

Die im Mai wiedergewählte hindu-nationalistische indische Regierung von Ministerpräsident Narendra Modi war mit dem Wahlversprechen angetreten, Kaschmir voll im mehrheitlich hinduistischen Indien zu integrieren.