Overbeck: Religionen sollen sich auf Friedenspotenzial besinnen

Bochum (epd). Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck fordert eine stärkere "Rückbesinnung der Religionen auf ihr konstruktives und friedensstiftendes Potential". Man müsse dem Eindruck entgegentreten, dass von Religion grundsätzlich Gewalt ausgehe, sagte er am Mittwochabend laut Redemanuskript bei einem Vortag in Bochum. Wenn man sich stärker auf "das Friedenspotenzial aller Religionen" konzentriere, sei ein "kooperatives interreligiöses Vorgehen gegen Gewalt in Krisensituationen eine reale Möglichkeit", betonte Overbeck, der auch katholischer Militärbischof der Bundeswehr ist.

Gerade vor dem Hintergrund der Gräueltaten des sogenannten Islamischen Staates sei es notwendig, grundlegend über das Verhältnis von Religion und Gewalt zu reflektieren. "Tag für Tag werden wir in den Medien mit Grausamkeiten konfrontiert, die im Namen von sogenannten religiösen Idealen vollzogen werden", mahnte der Ruhr-Bischof. Es sei daher "dringend an der Zeit, die Wahrnehmung in eine andere Richtung zu steuern und auf das genuine Friedenspotenzial der Religionen aufmerksam zu machen".

Overbeck unterstrich zudem, dass es ein Fehler sei, die Gewalt des "Islamischen Staates" als eine natürliche Folge der islamischen Religion anzusehen. Der IS vertrete eine sehr rigide Form des Islam. Durch die Gewalttaten der Terrormiliz würden vor allem Muslime getötet oder verletzt. Das brutale Vorgehen der Terrororganisation habe zudem dazu geführt, dass "sein politischer und religiöser Alleinvertretungsanspruch weder von anderen muslimischen Staaten noch von der Mehrheit der sunnitischen religiösen Autoritäten akzeptiert" werde.

Der Bischof rief dazu auf, zwischen "fundamentalistischen, radikalen oder politisierenden Strömungen, die die Religion verzwecken, und der Religion selbst" zu differenzieren. Ein Blick in die Vergangenheit und Gegenwart zeige, dass überall dort, wo religiöse Motive mit politischen oder wirtschaftlichen Zielen einhergehen, "ein gefährliches Gewaltpotenzial latent ist", sagte er.

Die gewaltsame Durchsetzung einer Religion agiere aber "immer gegen fundamentale eigene Grundlagen. Im Islam wie im Christentum gibt es keinen Gott, der die Menschen einfach aufruft, Gewalt auszuüben", betonte Overbeck.