Ostermarschierer wollen "den Frieden gewinnen"

Die Friedensbewegung hat unter dem Eindruck des Ukraine-Kriegs zu den diesjährigen Ostermärschen aufgerufen. Die kategorische Ablehnung jeglicher Waffengewalt ist angesichts der russischen Aggression umstritten.

Hannover (epd). Der Krieg in der Ukraine steht im Zentrum der Ostermärsche der Friedensbewegung. Bei den Kundgebungen forderten Rednerinnen und Redner vielfach ein Stopp der deutschen Waffenlieferungen, ein Ende der Kämpfe und sofortige Verhandlungen. Die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann warnte davor, sich auf die Seite Russlands zu schlagen.

In Hannover sagte die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, am Samstag: „Wir wollen nicht, dass die Eskalation weitergetrieben wird und noch mehr Waffen in das Kriegsgebiet geliefert werden.“ Mit den Waffenlieferungen werde Deutschland mitverantwortlich für all die Toten, sagte die frühere hannoversche Landesbischöfin. An einem Demonstrationszug durch die Innenstadt unter dem Motto „Den Frieden gewinnen - nicht den Krieg“ beteiligten sich nach Polizeiangaben rund 1.100 Menschen.

Auf Plakaten und Transparenten forderten die Demonstranten eine gewaltfreie Konfliktlösung im Ukraine-Krieg und sofortige Verhandlungen. „Wenn hier nicht ein glasklares Stoppschild gesetzt wird, werden die Nato-Staaten zur Kriegspartei“, sagte Käßmann unter Applaus: „Dann liefern wir Kampfbomber, Kriegsschiffe, vielleicht gar Soldaten und stehen am Rande eines dritten Weltkriegs, der auch mit atomaren Waffen geführt wird. Diese Eskalationsspirale muss sofort beendet werden.“

Käßmann wandte sich gegen eine Diffamierung der Friedensbewegung und sprach sich dafür aus, dass russische Kriegsdienstverweigerer Asyl in Deutschland erhalten. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), warf den Ostermarschierern Blauäugigkeit vor. Solange es Menschen wie den russischen Präsidenten Wladimir Putin gebe, die statt auf die Stärke des Rechts eher auf das Recht des Stärkeren setzten, müsse man bereit sein, die freiheitliche Demokratie auch zu verteidigen, sagte er der „Bild am Sonntag“.

Die FDP-Verteidigungsexpertin Strack-Zimmermann warnte davor, bei den Demonstrationen Positionen Russlands zu vertreten. „Es ist lauter für den Frieden auf die Straße zu gehen“, sagte sie der Zeitung: „Die Demonstranten sollten nur nicht den Adressaten ihres Protests verwechseln.“ Wer sich gegen das Opfer artikuliere, mache sich zum „Helfershelfer des Unrechts“.

Die amtierende EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus entgegnete, der Ruf nach Verhandlungen dürfe zu keinem Zeitpunkt als naiv abgetan werden. Menschen, die zu Ostern für den Frieden auf die Straße gingen, wollten keinen Krieg gewinnen, sondern den Frieden. „Ohne Gespräche, ohne Verhandlungen kann kein Friede werden“, sagte sie der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Samstag).

Die Organisatoren des regionalen Ostermarschs Rhein-Ruhr hatten für Sonntag zur Fahrradetappe aufgerufen. Rund 100 Menschen seien aufs Rad gestiegen und hätten sich der Tour von Essen über Gelsenkirchen, Wattenscheid und Herne bis nach Bochum angeschlossen, sagte Organisator Joachim Schramm dem Evangelischen Pressedienst (epd). Mit den Menschen vor Ort, die zu den Kundgebungen an den Haltepunkten gekommen seien, hätten sich insgesamt ungefähr 300 Demonstrierende an dem Ostermarsch beteiligt.

In Berlin demonstrierten nach Polizeiangaben am Samstag mehr als 1.000 Menschen auf zwei Ostermärschen. In Bremen zogen laut Polizei etwa 1.000 Menschen vom „Friedenstunnel“ zum Marktplatz und folgten damit einem Aufruf des Bremer Friedensforums. Die Veranstalter sprachen von rund 2.000 Teilnehmenden. Bei der Abschlusskundgebung verurteilte der katholische Theologe Eugen Drewermann Militarismus in jeder Form. „Wir werden die Angst nicht überwinden, wenn wir anderen Angst machen“, sagte er. „Man kann auf das Böse nicht mit den gleichen Mitteln reagieren.“