Ökumene-Gipfel: Ziel der Einheit nicht aus Blick verlieren

Der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, ist neben Papst Franziskus eines der einflussreichsten Kirchenoberhäupter. Der Anglikaner beklagt einen Stillstand der Ökumene. Die Kirchen müssten mehr zusammenarbeiten im Kampf gegen globale Krisen.

Karlsruhe (epd). Der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, hat auf dem Welt-Ökumene-Gipfel in Karlsruhe die Kirchen zu mehr Einheit aufgerufen. „In dieser Zeit der weltweiten Krise sollen die Christen eine Gemeinschaft des Friedens sein“, sagte Welby am Mittwoch auf der 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK). In diesen historisch schweren Zeiten, vor allem für die Ärmsten und Schwächsten, könnten sich die Kirchen keine Spaltungen mehr erlauben, sagte Welby unter großem Applaus.

Welby rief zu weiteren Anstrengungen in der Ökumene auf. Nur gemeinsam könnten sich die Christen gegen aktuelle Krisen wie Krieg, Inflation oder Hunger stellen. Als Erzbischof von Canterbury ist Welby das geistliche Oberhaupt der Kirche von England sowie geistlicher Leiter der 165 Länder umspannenden anglikanischen Kirchengemeinschaft mit rund 80 Millionen Mitgliedern. Die Residenz des Erzbischofs ist in London.

Kurienbischof Brian Farrell, Sekretär des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, zeigte sich mit Blick auf die Ökumene optimistisch. Seit der letzten ÖRK-Vollversammlung im südkoreanischen Busan 2013 sei einiges erreicht worden: „Die ökumenische Bewegung schreitet fort“, sagte der Ire. Er bezeichnete die Verbindungen zwischen Vatikan und ÖRK als Partnerschaft.

Wie an fast allen Tagen der Tagung war der Ukraine-Konflikt Thema. Der griechische Metropolit Job von Pisidia verurteilte den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine als unchristlich. Christen würden Christen töten, ein christliches Land habe ein anderes christliches Land überfallen, kritisierte der Gesandte des Ökumenischen Patriarchats auf der Vollversammlung in Karlsruhe.

Job betonte, dass ein Ausschluss der russisch-orthodoxen Kirche aus dem Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) der christlichen Einheit schaden würde. Kirchen müssten zusammenstehen und einen Dialog führen: „Es ist sehr wichtig, das gemeinsame Ziel der Einheit der Kirchen nicht aus dem Blick zu verlieren.“ Die Leitung der russisch-orthodoxe Kirche unter Patriarch Kyrill unterstützt den Krieg gegen die Ukraine.

Am Dienstagabend hatte die ÖRK-Vollversammlung fünf Vertreter der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in den ÖRK-Zentralausschuss gewählt, darunter die EKD-Auslandsbischöfin Petra Bosse-Huber und den bayerischen Landesbischof und früheren EKD-Ratsvorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm.

Bestätigt wurde zudem Fernando Enns aus Hamburg von der Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Gemeinden in Deutschland. Der Zentralausschuss hat 150 Mitglieder und bildet zwischen den etwa alle acht Jahre tagenden Vollversammlungen das höchste ÖRK-Leitungsgremium.

An der neuntägigen Weltkirchenkonferenz, die an diesem Donnerstag zu Ende geht, nehmen rund 3.000 Gäste aus aller Welt teil. Der ÖRK ist eine Gemeinschaft von 352 Kirchen, die weltweit über 580 Millionen Christen vertreten. Die römisch-katholische Kirche ist nicht Mitglied.