Nordkirchen-Landessynode diskutiert Wege zum Frieden

Lübeck-Travemünde (epd). Die zweitägige Sondertagung der evangelischen Nordkirchen-Landessynode zu friedensethischen Fragen ist am Freitag in Lübeck-Travemünde gestartet. Seit Februar scheine die Welt eine andere zu sein, sagte Generalstabsoffizier Michael Strunk von der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg in seinem Impulsvortrag. „Der Überfall Russlands auf die Ukraine macht fassungslos.“

Strunk ging unter dem Titel „Frieden - unser ständiges Ringen um den richtigen Weg“ auf Fragen ein wie: „Sind wir an einem Punkt, an dem sich alles umkehrt?“, „Haben wir uns unwiederbringlich täuschen lassen von unseren Idealen?“, „Welche Stimme erheben wir als Kirche?“. Sie alle seien bewegend, doch eine eindeutige Antwort zu finden sei schwer, so Strunk, da wir im „Nebel des Krieges mit seiner Widersprüchlichkeit unbelegter Informationen“ stochern.

Dass er „unsere Werte“ notfalls auch unter Einsatz von Gewalt verteidige, zeige seine Uniform, sagte Strunk. Sein Engagement in der Kirche zeige aber ebenso, dass „die Stimme, die zum Frieden mahnt, nicht im Gefechtslärm untergehen darf“. Er sei sich sicher, dass es ein Ringen um den richtigen Weg zum Frieden geben werde. Nur so könne ein gemeinsamer Weg trotz unterschiedlicher Anschauungen gefunden werden. „Nun sind wir gefordert, unserem Anspruch gerecht zu werden“, so Strunk.

Während der anschließenden Podiumsdiskussion betonte Michael Haspel, Systematischer Theologe am Martin-Luther-Institut der Universität Erfurt, dass „Waffenlieferungen nicht nur erlaubt, sondern geboten sind“, denn die Selbstverteidigung der Ukraine sei rechtlich und ethisch gerechtfertigt. Haspel hoffe, dass ein „ökumenischer Friedensdiskurs“ mit Partnern in Europa und im globalen Süden initiiert werden könne, der Perspektiven für eine zukünftige Friedens- und Sicherheitsordnung in Europa entwickelt. „Denn der ist derzeit zerschossen wie Mariupol.“

Der ehemalige EKD-Friedensbeauftragte Renke Brahms mahnte zum Vorrang der Gewaltfreiheit. Studien und Erfahrungen kirchlicher Organisationen belegten, dass gewaltfreie Konfliktbewältigung erfolgreicher sei, so Brahms. „Instrumente der rechtserhaltenden Gewalt, zu denen auch Sanktionen und Waffenlieferungen gehören, sind nachrangig und müssen die Ausnahme bleiben.“ Wobei im Fall des Angriffskrieges auf die Ukraine das Selbstverteidigungsrecht des Landes außer Frage stehe, so der Theologe.

Beide Podiumsgäste waren sich bezüglich der zentralen Bedeutung des zivilen Widerstands der Ukraine einig. Haspel mahnte, dabei die militärische Stärkung nicht auszuschließen, und Brahms betonte, dass die Unterdrückung der Zivilgesellschaft in Russland ein geplantes Mittel in diesem Krieg sei.

Die Kirchenparlamentarier diskutierten die Thesen im Anschluss an runden Tischen. Dabei wurde unter anderem die ethische Ableitung der These der gebotenen Waffenlieferungen kritisiert.

Am Nachmittag lädt die Landessynode zu einem Gottesdienst auf dem Weg ein. Am Abend wird der Initiativpreis der Landessynode, „Nordstern“, verliehen. Am (morgigen) Sonnabend befassen sich die 156 Nordkirchen-Synodalen mit der künftigen ökumenischen Zusammenarbeit der Nordkirche mit anderen Kirchen im Ostseeraum.