Nahost-Experte kritisiert Berichterstattung über Krisenregionen

Dortmund (epd). Der Publizist und Nahost-Experte Michael Lüders hat die Berichterstattung über den Krieg in Syrien und andere Konfliktregionen als undifferenziert kritisiert. Das Schema von Gut und Böse, in das Medien die Akteure und Beteiligten gerne einteilten, entspreche keineswegs der Realität, sagte der Politik- und Islamwissenschaftler am Dienstagabend in Dortmund. Das zeigten etwa die Berichte über die Rückeroberung des irakischen Mossul oder über die Befriedung von Ostaleppo in Syrien. 

Im Fall von Mossul hätten die Medien der Frage nach Menschenrechtsverletzungen durch die irakische Armee kaum Aufmerksamkeit geschenkt, sagte Lüders. Diese Militäraktion habe sich schließlich gegen den Terror des "Islamischen Staates" (IS) gerichtet. Bei Ostaleppo sei dagegen der Eindruck vermittelt worden, humane Milizen wendeten sich gegen den menschenverachtenden Diktator al-Assad. Bei den Kämpfern habe es sich aber um Dschihadisten, also radikale Islamisten, gehandelt, betonte der Journalist und Buchautor. 

In vielen Medien fehle der differenzierte Blick auf die Ereignisse in Syrien, Irak, Saudi-Arabien oder Nordafrika, sagte Lüders bei einer Veranstaltung des Amtes für Mission, Ökumene und kirchliche Verantwortung (MÖWe) der westfälischen Kirche und der Evangelischen Akademie Villigst. "Die gesellschaftlichen Zusammenhänge sind nicht nur religiös geprägt, sondern vor allem auch sozial, ethnisch und politisch", unterstrich der Publizist. 

Häufig übernähmen Medien auch Schemata, wie man sie von Politikern aus den USA und Europa kenne, sagte Lüders weiter. Ein Herrscher werde dann positiv betrachtet, wenn er westlich orientiert sei, wie etwa der ägyptische Präsident as-Sisi, unter dessen Regime aber vermutlich rund 60.000 Menschen aus politischen und religiösen Gründen in Haft säßen. Saudi-Arabien, das einen rückständigen und sektenähnlichen Staatsislam vertrete, werde ebenso massiv unterstützt, sagte der langjährige Korrespondent der Wochenzeitung "Die Zeit". Hingegen stehe der Iran, in dem "Frauen durchaus Karriere machen können" und der in Teilen auch demokratische Elemente enthalte, auf der Anklageliste.