Menschenrechtskommission untersucht Massaker in Äthiopien

Frankfurt a.M./Addis Abeba (epd). Nach einem Massaker mit möglicherweise mehreren hundert Toten in Äthiopien haben Ermittlungen zu den Hintergründen begonnen. Die äthiopische Menschenrechtskommission teilte am Samstag auf Facebook mit, ein Team sei in den Norden des Landes unterwegs und werde mögliche Menschenrechtsverletzungen untersuchen. Amnesty International hatte berichtet, dass bei einem Massaker in der Stadt Mai-Kadra in der Region Tigray Mitte November wahrscheinlich Hunderte Menschen getötet wurden.

Der Organisation zufolge wurden in der Stadt die Leichen von zahlreichen Zivilisten gefunden, die mit scharfen Gegenständen wie Macheten und Messern getötet worden seien. Amnesty berief sich auf Aussagen von Zeugen und Aufnahmen aus der Stadt. Weil die Region weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten ist, gab es aber keine Bestätigung der Entwicklungen in Tigray oder Angaben zu den Tätern. Die äthiopische Menschrechtskommission, die unabhängig von der Regierung arbeitet, will nach eigenen Angaben Berichten nachgehen, wonach die Menschen wegen ihrer Zugehörigkeit zur Bevölkerungsgruppe der Tigray angegriffen wurden.

Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, hatte am Freitag eine Untersuchung des Massakers gefordert. Falls sich die Berichte bestätigten, müsse von einem Kriegsverbrechen ausgegangen werden, erklärte sie in Genf. Die äthiopische Regierung in der Hauptstadt Addis Abeba warf der Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) vor, für das Massaker verantwortlich zu sein.

Die Regierung und die TPLF liefern sich seit mehreren Tagen heftige Kämpfe um die Kontrolle der Tigray-Region. Auslöser der militärischen Konfrontation war ein mutmaßlicher Angriff der TPLF auf eine Militärbasis Anfang November. Der Angriff verschärfte die seit Monaten bestehenden Spannungen zwischen Addis Abeba und Tigray um die für den Sommer geplanten Parlamentswahlen. Ministerpräsident Abiy Ahmed hatte die Wahlen wegen der Corona-Pandemie auf unbestimmte Zeit verschoben. Die Regionalregierung hatte daraufhin im September Wahlen abgehalten, die Abiy für ungültig erklärte.