Menschenrechtsgruppen setzen Rheinmetall unter Druck

Berlin/Düsseldorf (epd). Der Rüstungskonzern Rheinmetall steht bei Menschenrechtsgruppen wegen seiner Rolle in aktuellen militärischen Konflikten in der Kritik. Einen Tag vor der Hauptversammlung des Düsseldorfer Rüstungsherstellers in der Hauptstadt berichteten Menschenrechtsgruppen am Montag in Berlin von ihren Recherchen, die eine Verstrickung von Tochterfirmen in den Jemen-Konflikt nahelegten. Demnach steht die Rheinmetall AG durch eine Strafanzeige gegen ihre Tochterfirma RWM Italia auch juristisch erstmals unter Druck. Rheinmetall versicherte auf Anfrage, sich mit seinen Tochtergesellschaften an die jeweils geltenden gesetzlichen Bestimmungen zu halten.

Die jemenitische Menschenrechtlerin Bonyan Gamal berichtete von einem Bombenangriff auf ein jemenitisches Dorf im Oktober 2016, bei dem eine sechsköpfige Familie getötet wurde. Bei der Dokumentation des Tatortes seien Überreste von Bombenteilen befunden worden, von denen mindestens eines von RWM Italia hergestellt worden sei. Ausgeführt wurde der Angriff offenbar von dem von Saudi-Arabien angeführten Militärbündnis. Gamals "Mwatana Organization for Human Rights" hat den Angaben zufolge gemeinsam mit dem European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) und einem weiteren italienischen Partner Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Rom eingereicht. 

Die italienische Justiz solle die Verantwortung der Geschäftsführer von RWM Italia und der zuständigen italienischen Waffenexportbehörde klären. Christian Schliemann vom ECCHR sagte: "Trotz zahlreicher Warnungen, dass die Bombardements des Militärbündnisses im Jemen zum Tod zahlloser Zivilisten führen und immer wieder gegen das humanitäre Völkerrecht verstoßen, liefern Firmen wie RWM Italia weiter Bomben an Saudi-Arabien."

Laut Otfried Nassauer vom Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit (BITS) handelt es sich nicht um Einzelfälle oder Zufall. Rheinmetall nutze seine Tochterunternehmen und Joint-Ventures im Ausland, um Munition für den Jemen-Krieg zu liefern und so Gewinn zu machen. Der Konzern "liefert sogar ganze Munitionsfabriken an Staaten, die an diesem Krieg beteiligt sind", sagte Nassauer. Saudi-Arabien erhalte direkt und indirekt seit 2013 genehmigte Munitionslieferungen durch RWM Italia im Wert von deutlich mehr als 500 Millionen Euro. 

Barbara Happe von "urgewald" kritisierte, die Bundesregierung mache sich mitschuldig, wenn sie ihre Exportrichtlinien nicht weiter schärfe: "Es geht nicht nur darum, Exporte von Deutschland an die kriegsbeteiligten Staaten im Jemen zu unterbinden, sondern auch Zulieferungen über das Ausland oder Rüstungs-Joint-Ventures außerhalb Deutschlands einen Riegel vorzuschieben."

Die große Koalition hatte sich im Koalitionsvertrag auf die Formulierung verständigt, dass die Bundesregierung "ab sofort keine Ausfuhren an Länder genehmigen" wird, "solange diese unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind". Allerdings sollen dabei Firmen "Vertrauensschutz" erhalten, "sofern sie nachweisen, dass bereits genehmigte Lieferungen ausschließlich im Empfängerland verbleiben".

Rheinmetall erklärte auf Anfrage, sich "zu Fragestellungen, die etwaige Projekte oder mögliche Kundenbeziehungen berühren, aus vertraglichen Gründen" nicht äußern zu wollen. Ein Sprecher versicherte zugleich: "Grundsätzlich gilt, dass alle Tochtergesellschaften der Defence-Sparte Rheinmetalls (zum Beispiel auch in Italien) den strengen gesetzlichen Rahmen einhalten, der ihnen in den jeweiligen Ländern zum Beispiel auch hinsichtlich von Exporten gegeben ist."