Menschenrechtler warnen vor Völkermord in Äthiopien

Göttingen (epd). Menschenrechtler warnen vor einer weiteren Eskalation des Krieges in der Provinz Tigray im Norden Äthiopiens. „Der Aufruf des äthiopischen Ministerpräsidenten Ahmed Abiy an die Bevölkerung seines Landes, sich am Kampf gegen die Rebellenbewegung TPLF in Tigray zu beteiligen, ist unverantwortlich und muss als Anstachelung zu Mord und Totschlag gewertet werden“, sagte Nadja Grossenbacher von der Gesellschaft für bedrohte Völker am Donnerstag in Göttingen: „Das könnte sogar zu einem Völkermord eskalieren.“

Schon jetzt würden schwerste Verbrechen an der Bevölkerung in Tigray begangen, fügte Grossenbacher hinzu. Tausende Menschen hätten vor Gräueltaten fliehen müssen. Abiy beschwöre mit seinem Aufruf „ein Schreckensszenario herauf“.

Berichten zufolge begingen sowohl die äthiopische als auch die eritreische Armee schwere Menschenrechtsverletzungen in Tigray, sagte Grossenbacher weiter. Es habe viele außergerichtlichen Tötungen gegeben. Vergewaltigungen würden als Kriegswaffe eingesetzt. Außerdem sei die Tigray-Region bewusst auch für Hilfsorganisationen abgeschottet worden.

Seit November kämpfen die Truppen der Zentralregierung gegen die Rebellen in Tigray. Die Tigray People’s Liberation Front (TPLF) hatte durch den Machtwechsel in Äthiopien ihre politische Vormachtstellung verloren und kämpft jetzt für politische Autonomie. Die Bevölkerungsgruppe der Tigrayer stellt nach Angaben der Gesellschaft für bedrohte Völker sechs Prozent der äthiopischen Bevölkerung.