Mali-Ausbildungseinsatz der Bundeswehr künftig mit Schwerpunkt Niger

Berlin (epd). Das Bundeskabinett hat zwei neue Mandate für die umstrittenen Bundeswehreinsätze im westafrikanischen Krisenland Mali auf den Weg gebracht. Das Gremium beschloss am Mittwoch in Berlin sowohl die Fortsetzung des UN-Blauhelmeinsatzes Minusma als auch eine weitere Beteiligung an der EU-Ausbildungsmission (EUTM) bis Ende Mai 2023. Der Bundestag muss dem noch zustimmen.

Der EUTM-Einsatz soll aber nicht mehr Mali, sondern das Nachbarland Niger als Schwerpunkt haben. Dort wird dem Entwurf zufolge zunächst bis Jahresende die Ausbildung von Spezialkräften in der „Mission Gazelle“ fortgesetzt. Maximal 300 deutsche Soldatinnen und Soldaten sollen daran teilnehmen, also höchstens halb so viele wie bisher.

Die militärische Ausbildung der malischen Armee war nach Berichten über ein Massaker zwischen Ende März und Anfang April an etwa 300 Menschen in Zentralmali gestoppt worden. Laut Zeugen waren auch malische Soldaten an den Gräueltaten beteiligt. Doch auch davor gab es schon Spannungen zwischen der regierenden Militärjunta in Bamako und westlichen Ländern, weil geplante Wahlen verschoben wurden und mutmaßlich Söldner des Kreml-nahen Wagner-Konzerns im Land sind. Künftig soll es in Bamako nur noch eine Minimalbesetzung durch die Bundeswehr geben für fachliche Beratung auf strategischer Ebene.

Die Blauhelm-Mission Minusma in Mali soll wiederum fortgesetzt werden, allerdings unter der Bedingung, dass die Sicherheit der Truppe gewährleistet werden kann. Laut Mandatsentwurf wird ansonsten der deutsche Beitrag angepasst und gegebenenfalls sogar beendet. Nach wie vor ist unklar, wer die Absicherung der Mission übernimmt, da Frankreich seine Truppen und Kampfhubschrauber abzieht.

Insgesamt bis zu 1.400 deutsche Streitkräfte sollen künftig an Minusma teilnehmen, die zum Teil die Franzosen beim Sanitätsdienst ersetzen und darüber hinaus den Flugplatz in Gao schützen. Bisher lag diese Obergrenze bei 1.100.

Hintergrund:

Zwei Mandate für den Bundeswehreinsatz im westafrikanischen Mali werden aktuell im Bundestag beraten. Spätestens bis zum Ende des Monats müssen die Abgeordneten über die Verlängerung der Mandate entscheiden. Deutsche Soldatinnen und Soldaten sollen laut den Mandatsentwürfen auch in Zukunft an der UN-Blauhelm-Mission Minusma teilnehmen. Die Ausbildung der malischen Armee im Rahmen des EU-Einsatzes EUTM hingegen wird gestoppt. Ein Überblick:

*MINUSMA: Der Sahel-Staat Mali wird seit Jahren von Krisen und Konflikten erschüttert. Nach einem Militärputsch im Jahr 2012 hatten mehrere bewaffnete Gruppen, darunter Islamisten, Teile des Nordens übernommen. Um das Land zu stabilisieren und zum Schutz der Zivilbevölkerung rief der UN-Sicherheitsrat 2013 die Blauhelm-Mission Minusma ins Leben. Insgesamt sind mehr als 13.000 Soldaten aus Dutzenden Ländern für Minusma im Einsatz.

Trotz der internationalen Militärpräsenz verüben islamistische Gruppen immer wieder Anschläge auf die Zivilbevölkerung und staatliche Einrichtungen. Dennoch warnen Fachleute, dass die Sicherheitslage ohne die Blauhelme noch schlechter wäre. Mit 260 Toten ist Minusma der derzeit gefährlichste UN-Einsatz. Vor allem vergleichsweise schlecht ausgerüstete Soldaten aus afrikanischen Ländern werden bei Patrouillen immer wieder angegriffen.

*BUNDESWEHR UND MINUSMA: Die Bundeswehr beteiligt sich seit 2013 an dem UN-Einsatz und stockte die Truppenstärke über die Jahre auf. Derzeit sind rund 1.000 deutsche Soldaten für Minusma in Mali stationiert, maximal 1.100 sind erlaubt. Die künftige Obergrenze soll laut dem neuen Mandatsentwurf bei 1.400 Soldaten liegen. Damit würde Deutschland auch weiterhin zu den größten Truppenstellern des Blauhelmeinsatzes zählen.

Nach dem Abzug der französischen Anti-Terror-Mission Barkhane könnte der Einsatz für Minusma und damit auch für die Bundeswehr noch gefährlicher werden. Der Mandatsentwurf sieht daher vor, dass die deutsche Beteiligung beendet werden kann, wenn die Sicherheit der Truppe nicht mehr gewährleistet ist. Das würde allerdings die gesamte UN-Mission empfindlich schwächen, auch weil dann Ersatz für die von Deutschland geleistete Luftaufklärung gefunden werden müsste.

*EUTM: Ebenfalls im Jahr 2013 beschloss die EU eine Ausbildungsmission für die malische Armee. Laut Mandatsentwurf wird sich die Bundeswehr nicht weiter an dem Training beteiligen, das zurzeit auch auf EU-Ebene ausgesetzt ist, unter anderem weil sich das Militär in den vergangenen eineinhalb Jahren zweimal an die Macht geputscht hat. Hinzu kommen Berichte über die Präsenz russischer Söldner im Land und über Gräueltaten, die mutmaßlich von der malischen Armee verübt worden sind.

Allerdings soll die bereits laufende Ausbildung von Spezialkräften im Nachbarland Niger durch etwa 230 Bundeswehrsoldaten im Rahmen des EU-Einsatzes fortgeführt werden. Damit soll der Kampf gegen den grenzüberschreitenden Terrorismus in der gesamten Sahel-Zone unterstützt werden. Maximal 300 Soldaten sollen daran teilnehmen. Bisher lag die Obergrenze für EUTM bei 600 Soldaten. Auch Frankreich will seine Militärmission im Sahel künftig verstärkt vom Niger aus führen.

*ENTWICKLUNGSPOLITIK: Deutschland engagiert sich nicht nur militärisch in Mali, sondern ist auch entwicklungspolitisch aktiv. Seit 1960 etwa setzt die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) Projekte in Mali um, das zu den ärmsten Ländern der Welt zählt. Ohne Minusma wäre auch das schwieriger. Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) sagte am Mittwoch, die Präsenz der Blauhelme sei „eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklungszusammenarbeit mit Mali“. Ein Stopp des entwicklungspolitischen Engagement könnte auch die Sicherheitslage weiter verschärfen, weil Armut und die Folgen des Klimawandels zu vielen Konflikten beitragen.