Luftangriff auf Koranschule in Afghanistan soll untersucht werden

Kabul/Dubai (epd). Nach einem Luftangriff auf eine Koranschule im nordafghanischen Kundus mit Dutzenden zivilen Opfern will die Mission der Vereinten Nationen in Afghanistan (Unama) den Vorfall untersuchen. Unama erklärte am Dienstag in Kabul, ein Team sei vor Ort, um "beunruhigende Berichte" nach dem Luftschlag im Dascht-i-Archi-Distrikt am Montag zu überprüfen. Nach UN-Angaben sind in Afghanistan seit Jahresanfang mehr als 54.000 Menschen vor Kämpfen geflohen oder vertrieben worden.

Anwohner in Kundus berichteten laut dem TV-Sender Tolo News, dass bei dem Hubschrauber-Beschuss einer Koranschule mehr als 50 Menschen getötet und über 100 verwundet worden seien. Die Mehrheit der Opfer sollen Kinder sein. Das Gebiet wird bereits seit zwei Jahren faktisch von den radikal-islamischen Taliban kontrolliert. Die meisten Regierungsgebäude und Behörden sind geschlossen. Nach Angaben des afghanischen Militärs wurden 15 aufständische Kämpfer getötet, darunter hochrangige Taliban-Kommandeure.

Die UN-Mission ermahnte alle Konfliktparteien, das Leben von Zivilisten zu schützen. Die Koranschule hielt zur Zeit des Angriffs eine Abschlussfeier ab, an der auch örtliche Taliban-Führer teilnahmen. Um die 300 Menschen sollen sich auf dem Gelände befunden haben. Die US-Streitkräfte in Afghanistan waren laut Medienberichten nicht an dem Luftangriff beteiligt. Im vergangenen Jahr wurden nach UN-Angaben 631 Zivilisten durch Luftschläge von Pro-Regierungskräften getötet.

In Afghanistan sind nach UN-Angaben seit Jahresanfang mehr als 54.000 Menschen vor Kämpfen geflohen oder vertrieben worden. Am höchsten war die Zahl mit mehr als 13.500 vertriebenen Familien in der Nordprovinz Kundus, in der die Bundeswehr bis 2013 fast zehn Jahre lang ihren Stützpunkt hatte. Das geht aus einem Bericht des UN-Büros zur Koordinierung humanitärer Hilfe (Ocha) hervor, der am Dienstag in Genf veröffentlicht wurde. Zugleich kehrten seit Jahresanfang mehr als 11.000 Menschen nach Afghanistan zurück.

Die Bundeswehr unterstützt seit dem Abzug der Nato-Kampftruppen Ende 2014 die afghanischen Sicherheitskräfte und den Aufbau der Polizei. Für diesen Einsatz wurde die Obergrenze von 980 auf 1.300 Männer und Frauen erhöht, um die Ausbilder besser zu schützen.

Auch die USA haben ihre Truppenstärke in Afghanistan wieder erhöht auf etwa 14.000 Soldaten. Weite Landesteile werden von Taliban kontrolliert, auch Verbände der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) verüben immer wieder Anschläge. Abschiebungen von abgelehnten Asylbewerbern nach Afghanistan sind deshalb umstritten.