Libyen: EU will wieder mit Schiffen im Mittelmeer patrouillieren

Brüssel (epd). Die EU will zur Überwachung des Waffenembargos gegen Libyen wieder mit Schiffen auf dem Mittelmeer patrouillieren, nachdem diese im Streit um die Rettung von Flüchtlingen abgezogen worden waren. Sie sollten im östlichen Mittelmeer eingesetzt werden, sagte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) nach einem EU-Ministerrat am Montag in Brüssel. Die bisherige EU-Mission "Sophia" wird nach den Worten des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell eingestellt. Sie wird durch die neue Mission ersetzt.  

Bei dem Treffen ging es darum, den Zustrom von Waffen in das Bürgerkriegsland zu verringern. Dem dient bereits seit Jahren die EU-Mission "Sophia". Allerdings setzt sie aktuell nur Fluggeräte und keine Schiffe ein. Hintergrund ist der Streit um Flüchtlinge. "Sophia"-Schiffe hatten immer wieder Menschen aus Seenot gerettet. Eine Reihe von Mitgliedsländern unterstellten "Sophia", einen Anreiz für Schlepper beziehungsweise Flüchtlinge für die Überfahrt über das Mittelmeer zu bilden.

Diese Möglichkeit wollen die EU-Außenminister künftig offenbar ausschließen. Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg betonte in Brüssel: Wenn die neue Mission eine Sogwirkung auf Migranten ausübe, würden die maritimen Einheiten aus dem betreffenden Gebiet abgezogen. Ähnlich äußerte sich Borrell. Maas zufolge waren sich die Minister einig, dass wenn "es falsche Entwicklungen nach sich zieht, die Mission in der Form nicht weitergeführt wird". 

Die Schiffe der neuen Mission sollten laut Maas, Schallenberg und Borrell im Osten von Libyen beziehungsweise im östlichen Mittelmeer unterwegs sein und damit abseits der Hauptrouten der Flüchtlinge. Denn diese legen auf ihrem Weg nach Europa vor allem im Westen von Libyen rund um die Hauptstadt Tripolis ab. Maas sagte, man orientiere sich damit an den Routen derjenigen, die Waffen nach Libyen bringen.

Seit dem Sturz des Diktators Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 herrschen in Libyen Gewalt und Chaos. In dem nordafrikanischen Land kämpfen zwei Regierungen, Milizen und Dschihadisten um die Macht. Etliche andere Staaten mischen zudem politisch und militärisch mit. 

Im April 2019 startete der abtrünnige General Chalifa Haftar mit seiner sogenannten Libyschen Nationalarmee eine Offensive gegen die Übergangsregierung unter Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch mit Sitz in der Hauptstadt Tripolis. Die Übergangsregierung wird von den UN anerkannt, sie kontrolliert nur Tripolis und Regionen in der Nähe. Haftars Offensive rückte Libyen wieder in das internationale Scheinwerferlicht.

Laut den Genfer Konfliktexperten vom Forschungsprojekt Small Arms Survey befinden sich in General Haftars Truppe auch salafistische Extremisten und Söldner aus arabischen Ländern. Haftar hat seine Basis im Osten Libyens, er wird von der Gegenregierung in Tobruk unterstützt. 

Waffenlieferungen erhält Haftar aus arabischen Staaten, unter anderem aus Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Der frühere Gefolgsmann Gaddafis kann auf politische Rückendeckung der UN-Vetomächte Russland und Frankreich zählen. Die Übergangsregierung hingegen verlässt sich auf die Türkei und Katar. Die Türken haben die Entsendung von Truppen nach Libyen angekündigt. Auf Geheiß Ankaras sollen sich in Libyen bereits Kämpfer in den Konflikt eingeschaltet haben, die Erfahrungen im Syrien-Krieg sammelten. Die einstige Kolonialmacht Italien steht ebenfalls auf der Seite der Übergangsregierung. 

Die USA wollen sich nach Medienberichten, etwa der "Washington Times", aus dem Konflikt zwischen Haftar und der Übergangsregierung heraushalten. Deutschland schließlich sieht sich in einer Vermittlerrolle und organisierte im Januar einen Libyen-Gipfel. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) empfing in Absprache mit den UN die wichtigsten internationalen Akteure. Die Teilnehmer beschlossen einen Fahrplan für eine friedliche Zukunft Libyens. Allerdings werden zentrale Vorgaben des Libyen-Gipfels wie das Waffenembargo verletzt.