Lateinamerikanische Staaten fordern mehr Sanktionen gegen Venezuela

Berlin/Caracas (epd). Nach dem gescheiterten Versuch, Hilfsgüter nach Venezuela zu bringen, verlangen zahlreiche lateinamerikanische Staaten eine weitere Isolierung von Staatschef Nicolás Maduro. "Wir müssen Sanktionen gegen das Regime ausweiten", sagte der kolumbianische Außenminister Carlos Holmes Trujillo der Zeitung "El Nacional" am Montag vor Beginn eines Treffens der Lima-Gruppe, der 13 lateinamerikanische Länder und Kanada angehören. Auch Oppositionsführer Juan Guaidó bat die internationale Staatengemeinschaft um Unterstützung. Angesichts der Gewalt müssten alle Optionen offengehalten werden, sagte er. UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich schockiert über die tödliche Gewalt in Venezuela.

Bei Auseinandersetzungen am Wochenende waren mindestens vier Menschen getötet und Hunderte weitere verletzt worden. Das Militär setzte Tränengas und Gummigeschosse gegen friedliche Demonstranten ein. Drei Lastwagen mit Hilfsgütern, die von Kolumbien die Grenze passiert hatten, wurden von Sicherheitskräften angezündet. Maduro bestreitet, dass es in Venezuela eine humanitäre Krise gibt, und spricht von einem Vorwand für eine US-Militärintervention.

Die Außenminister der Lima-Gruppe wollten in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá zusammen mit US-Vizepräsident Mike Pence über ein härteres Vorgehen gegen Maduro beraten. Auch die EU rief Maduro auf, Hilfslieferungen ins Land zu lassen. "Wir rufen die Justiz und die Sicherheitskräfte dringend auf, Zurückhaltung zu zeigen, Gewalt zu vermeiden und die humanitäre Hilfe ins Land zu lassen", hieß es in einer Erklärung der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini im Namen aller 28 EU-Staaten.

Die Bundesregierung hält nach eigenen Angaben weitere Sanktionen gegen Venezuela für möglich. Man sei darüber im Austausch mit den europäischen Partnern, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer. Der Druck auf Maduro müsse erhöht werden, ergänzte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts. Die Bundesregierung appellierte erneut an die venezolanische Führung, Hilfslieferungen in das Land zu lassen, die Gewalt einzustellen und neue Präsidentschaftswahlen zu ermöglichen.

Das katholische Hilfswerk Adveniat Deutschland rief den UN-Sicherheitsrat auf, eine Initiative für eine friedliche Lösung zu starten. "Die Vereinten Nationen müssen jetzt das Heft des Handelns in die Hand nehmen und alle politischen Akteure am Verhandlungstisch in Dialog bringen", erklärte der Venezuela-Referent des Lateinamerika-Hilfswerks, Reiner Wilhelm. Das Medikamentenhilfswerk Action Medeor schickt nach eigenen Angaben Medikamente an Flüchtlinge nach Kolumbien. Lieferungen nach Venezuela seien nur in kleinsten Mengen möglich, teilte das Hilfswerk am Montag in Tönisvorst mit.

Nach Einschätzung von US-Außenminister Mike Pompeo steht die Abdankung Maduros kurz bevor. "Ich vertraue darauf, dass das venezolanische Volk garantieren wird, dass die Tage von Maduro gezählt sind", sagte er laut CNN in einem Interview.

Nach Angaben der kolumbianischen Migrationsbehörde sind in den vergangenen zwei Tagen 150 Militärs geflohen und haben damit Maduro ihre Unterstützung aufgekündigt. Sie erklärten laut der Zeitung "El Nacional", dass viele Kameraden ähnliche Pläne hätten und desertieren wollten. Bislang ist das Militär Maduros größte Machtstütze.

Guaidó hielt sich trotz Ausreisesperre zuletzt in Kolumbien auf. Unklar war, ob er nach Venezuela zurückzukehren würde. Der Oppositionsführer hatte sich am 23. Januar 2019 zum Übergangsstaatschef ausgerufen. Inzwischen haben ihn mehr als 50 Länder als legitimen Interimsstaatschef anerkannt. Die auf Bitten der Opposition verschickten Hilfsgüter wurden wieder zurück in die kolumbianische Grenzstadt Cúcuta und nach Brasilien gebracht. 

Laut Opposition sind 300.000 hungernde Menschen in Venezuela vom Tode bedroht. Mehr als drei Millionen Menschen sind vor der politischen und wirtschaftlichen Krise bereits ins Ausland geflohen.