Kurschus: Verteidigung und Verhandlungen schließen sich nicht aus

Köln (epd). Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, warnt mit Blick auf den Ukraine-Krieg vor einem Schwarz-Weiß-Denken. Es helfe nicht, in den Mustern von Entweder-oder sowie richtig und falsch zu denken, sagte sie im „Interview der Woche“ im Deutschlandfunk. Im Moment brauche es beides: „eine starke Möglichkeit der Ukraine, sich zu verteidigen, und jederzeit das Bemühen, ins Gespräch zu kommen und die Waffen zum Schweigen zu bringen“.

Sie gebe die Hoffnung auf Gespräche für ein Ende des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine nicht auf, sagte die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen. In jedem Augenblick könne es Menschen geben, die sich begegneten und den Weg zu einem Waffenstillstand und dann zu echten Friedensverhandlungen bahnten. Es dürfe nicht jeder Ruf nach Verhandlungen als „naiv und unmöglich“ verurteilt werden: Verhandlungen ergäben sich nicht von selbst, sondern müssten „herbei verhandelt werden.“

Im „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Donnerstag) zeigte sich die EKD-Ratsvorsitzende verärgert über die „konstruierte Alternative zwischen Waffenlieferungen und Gesprächen“. Waffenlieferungen an die Ukraine seien derzeit aus ihrer Sicht notwendig, damit die Menschen in der Ukraine sich verteidigen könnten. „Zu keiner Stunde dürfen wir jedoch in unseren Bemühungen um Gespräche nachlassen.“ Wer sich um Verhandlungen bemühe, habe nicht deshalb schon klein beigegeben: „Ich weigere mich, den Ruf nach Verhandlungen als zynisch und naiv abzutun.“

Es sei zudem klar, dass Waffen allein keinen Frieden schaffen könnten, sagte Kurschus der Zeitung: „Um echten Frieden zu gewinnen, der mehr ist als das Schweigen von Waffen, braucht es Begegnungen und Gespräche.“ Um Frieden zu schließen, müsse man nicht zu Freunden werden: „Es reicht, die Feindschaft zu überwinden.“

Auch vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs könne Ostern gefeiert werden. Erst recht und gerade jetzt, weil Ostern „ein Fest des Widerstands mitten im Tod und mitten im Elend“ sei, sagte die Theologin im Deutschlandfunk. Ostern sei aus christlicher Sicht das Fest des Lebens. Gott stehe „an der Seite derer, die sich für das Leben einsetzen, und er überwindet alle Kräfte, die über Leichen gehen und die an den eigenen Machtgelüsten ihre Taten ausrichten“. Aus dieser Osterbotschaft resultiere die Verantwortung, „zu Protestleuten gegen den Tod“ zu werden.