Kommission zur Aufarbeitung von Afghanistan-Einsatz nimmt Arbeit auf

Am Montag hat die Enquete-Kommission, die den 20-jährigen Einsatz in Afghanistan aufarbeiten soll, ihre Arbeit aufgenommen. Hilfsorganisationen kritisieren derweil erneut, dass die Regierung zu wenig für die zurückgebliebenen Ortskräfte unternimmt.

Berlin (epd). Die vom Bundestag eingesetzte Enquete-Kommission zur Aufarbeitung des Afghanistan-Einsatzes hat ihre Arbeit aufgenommen. Am Montag kamen die Mitglieder - zwölf Abgeordnete und ebenso viele Sachverständige - zu ihrer konstituierenden Sitzung in Berlin zusammen. Zum Vorsitzenden wurde der SPD-Abgeordnete und frühere Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, gewählt. Stellvertretende Kommissionsvorsitzende ist Serap Güler (CDU). Die Enquete-Kommission „Lehren aus Afghanistan für das künftige vernetzte Engagement Deutschlands“, hat die Aufgabe, den 20-jährigen Einsatz der Bundeswehr kritisch zu beleuchten und Empfehlungen für künftige Auslandseinsätze zu entwickeln.

Deutschland sei angesichts der vielen Krisenherde in der Welt gefordert, sagte Müller. Dabei nähmen die Krisen eher zu, die Situation in vielen Ländern werde wegen Klimaveränderungen, Kriegen und Hunger schwieriger. Viele Menschen seien auf der Flucht. „Es braucht die Schlussfolgerungen aus Afghanistan, damit deutsche Einsätze künftig besser laufen“, betonte er. Der CDU-Abgeordnete Peter Beyer sagte, man sei es den Soldatinnen und Soldaten sowie der Öffentlichkeit schuldig, den Einsatz aufzuarbeiten.

Der Bundestag hatte im Sommer die Einsetzung der Kommission beschlossen. Zusätzlich berief der Bundestag einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss, dessen Arbeit sich auf die militärische Evakuierungsaktion aus Kabul im August 2021 beschränkt, die wegen der schnellen Rückeroberung des Landes durch die radikal-islamischen Taliban nötig wurde. Die Enquete-Kommission soll laut Bundestagsbeschluss in zwei Jahren einen Abschlussbericht vorlegen. Nach Angaben der Grünen ist geplant, dass eingesetzte Arbeitsgruppen auch bis dahin schon Zwischenergebnisse vorstellen.

Anlässlich der Einsetzung der Enquete-Kommission machten Hilfsorganisationen auf das Schicksal derer aufmerksam, die nach dem überstürzten Abzug im vergangenen Jahr zurückbleiben mussten und denen nun Verfolgung durch die Taliban droht, weil sie für westliche Streitkräfte gearbeitet oder sich für deren Anliegen eingesetzt haben. Sie äußerten Zweifel daran, dass das von der Bundesregierung versprochene Aufnahmeprogramm ihnen hilft. „Das Auswahlverfahren für das Bundesaufnahmeprogramm droht in der jetzigen Konzeption aus unserer Sicht zu scheitern“, heißt es in einem Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), der dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt.

Unterzeichnet wurde er unter anderem von Amnesty International, Pro Asyl, „Reporter ohne Grenzen“ und dem Patenschaftsnetzwerk Afghanische Ortskräfte. Sie fordern eine Reform des sogenannten Ortskräfte-Verfahrens, um auch den Menschen zu helfen, die etwa über Subunternehmen für die Deutschen in Afghanistan gearbeitet, nicht aber direkt bei der Truppe angestellt waren. „Das geplante humanitäre Bundesaufnahmeprogramm für Afghanistan ist nach derzeitigem Konzept kein ausreichender Schritt, akut gefährdete Ortskräften in Afghanistan zu unterstützen“, sagte die stellvertretende Generalsekretärin der deutschen Amnesty-Sektion, Julia Duchrow, dem epd.

Eine Sprecherin des Auswärtigen Amts sagte am Montag in Berlin, Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) habe seit ihrem Amtsantritt deutlich gemacht, dass die Hilfe für diese Gruppe für sie Priorität habe. Zu dieser Zusage stehe sie weiter, sagte die Sprecherin. Nach ihren Worten könnte das Aufnahmeprogramm noch im Herbst vorgestellt werden. Ein genauer Zeitpunkt könne nicht genannt werden, weil derzeit unter anderem noch an einem digitalen Tool für das Aufnahmeverfahren gearbeitet werde.