Kirchliche Friedensarbeit: "Da sterben zwei Kinder Gottes"

Stuttgart (epd). Stefan Schwarzer, Friedenspfarrer und Friedensbeauftragter der württembergischen Landeskirche, sieht die Möglichkeiten kirchlicher Friedensarbeit realistisch. „Wir flüstern nicht dem Kanzler ein, was er zu tun hat“, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dennoch trügen die Kirchen zur Meinungsbildung bei. „Darauf zu bestehen, dass wir reden dürfen und einander zuhören, sehe ich als meine Aufgabe.“ Als Jugendlicher nahm Schwarzer an vielen deutsch-französischen Partnerschaftsbegegnungen teil, möglich gemacht durch das freiwillige Engagement vieler Menschen, die nicht mehr als „Erbfeinde“ aufeinander schießen, sondern Freunde werden wollten.

Ihre Chance, Menschen mit verschiedenen Meinungen an einen Tisch zu bringen, nutzen die Kirchen aus Frauke Liebenehms Sicht zu wenig. Als junge Frau war sie drei Wochen lang mit „Aktion Sühnezeichen“ in Israel und Palästina, lebte eine Woche in einer israelischen und eine Woche in einer palästinensischen Familie. „Das hat mein Leben geprägt“, sagte die Dozentin für Friedens- und Demokratiebildung am Pädagogisch-Theologischen Zentrum (ptz) in Stuttgart.

Liebenehm und Schwarzer sehen die Kirchen keinesfalls als neutralen - sprich interesselosen - Mittler. „Wir müssen die Menschenwürde hochhalten“, sagt Liebenehm. Im Ukrainekrieg seien der Tod eines Ukrainers und eines Russen gleich schlimm, sagt Schwarzer. „Da sterben zwei Kinder Gottes.“ Vor dem Krieg komme zuerst die Propaganda, die Entmenschlichung, durch die der Gegner etwa als Ungeziefer dargestellt werde.

„Das ‚nie wieder‘ funktioniert nur, wenn wir einander kennen“, sagt Schwarzer. „Auch heute nehme ich vor Ort viel Lebensdienliches wahr: Friedensgebete, Asylcafés, Verständigungsräume.“ Die Kirchen seien europaweit vernetzt, etwa mit der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK).

Wie Menschen ordentlich miteinander umgehen, müsse geübt werden, sagt die Religionspädagogin und Diakonin Liebenehm. Auch in den Schulen, besonders im Religionsunterricht. „Dort können Kinder angstfrei reden, ohne Bewertung.“ Dazu gehöre, dass sich Schüler gegenseitig fragen und erzählen, wie sie zu ihrer Meinung kommen. Und sich gemeinsam Fakten und Zahlen dazu anschauen.

Die Kirchen und ihre Werke, etwa Brot für die Welt, wiesen auch auf vergessene Konflikte hin, etwa im Sudan, betont Schwarzer. „Und sie bringen auch Fachleute in die Parlamente.“