Kirchentag will interreligiöse Friedensarbeit bekannter machen

Karlsruhe (epd). Der Krieg in Syrien, die Not der Flüchtlinge und der Terrorismus bewegen derzeit die Gesellschaft. Daher sei es wichtig, dass sich der Deutsche Evangelische Kirchentag in diesem Jahr mit den Themen Frieden und Gerechtigkeit inhaltliche Schwerpunkte setze, sagte die badische evangelische Oberkirchenrätin Karen Hinrichs im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Oft würden Religionen, wie der Islam, als Bedrohung des Friedens angesehen. Daher müssten positive Beispiele interreligiöser Friedensarbeit bekannter werden, forderte die Theologin. 

epd: Der Kirchentag steht bevor. Anders als vor zwei Jahren in Stuttgart sind diesmal Frieden und Gerechtigkeit inhaltliche Schwerpunkte. Warum ist es wichtig, dass sich Kirche, Gesellschaft und Politik mit diesen Themen befassen?

Hinrichs: Der Krieg in Syrien und die Bürgerkriege in Afrika, der Konflikt um die Ukraine, der Terrorismus und die Not der vielen Flüchtlinge bewegen die gesamte Gesellschaft. Beim Kirchentag geht es um die Hintergründe dieser Krisen und Konflikte. Wir wollen verstehen, wie politische Entscheidungen in Deutschland die Länder im Süden oder Osten beeinflussen. Wie heizen die Waffenexporte die Konflikte an? Gefragt wird auch, was unser Konsumverhalten mit der Armut in Afrika und den Kriegen um Rohstoffe zu tun hat. Es wird auch um die Folgen des Klimawandels gehen. Was können die Kirchen tun? 

epd: Wie beteiligt sich die badische Landeskirche? 

Hinrichs: Sowohl in Berlin, als auch in Magdeburg, sind viele Personen aus Baden, aus Basisgruppen wie aus der Kirchenleitung, an Podien, Bibelarbeiten und Workshops beteiligt. So wird Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh bei einem Podium "Gewaltfrei gegen Krieg und Terror- Wie Religionen Frieden stiften" mitwirken. Im Gespräch mit dem muslimischen Theologen Mouhanad Khorchide aus Münster und anderen Gästen wird es dabei um die Frage gehen, was Religionen zum Frieden beitragen können. 

epd: In der Öffentlichkeit werden Religionen, besonders der Islam, eher als Bedrohung des Friedens angesehen.

Hinrichs: Gerade deshalb müssen positive Beispiele bekannter werden. Auf dem Podium und in einem Workshop werden mit Ana Raffei aus Kroatien und Pfarrer Ephraim Kadala aus Nigeria zwei Personen zu erleben sein, die eine beeindruckende interreligiöse Friedensarbeit leisten. In Kroatien haben sich "Gläubige für den Frieden" zusammengeschlossen, um gegen Fanatismus und Nationalismus zu wirken. In Nigeria terrorisiert Boko Haram weiterhin Christen und Muslime. Als Friedenskoordinator der "Kirche der Geschwister" arbeitet Pfarrer Kadala in vielen Projekten für ein friedliches Miteinander von Christen und Muslimen in Nigeria. Das ist auch Terrorismus-Prävention. 

epd: Welche Themen werden kontrovers diskutiert? 

Hinrichs: Kontrovers diskutiert werden beispielsweise die deutsche Außenpolitik, die Rüstungsexporte und die Atomwaffen. Warum boykottiert die Bundesregierung die Teilnahme an den UN-Verhandlungen zum Verbot von Atomwaffen? Nicht verstanden wird, warum sie sich nicht stärker für zivile Konfliktbearbeitung einsetzt, sondern eine Erhöhung des Militärhaushalts plant. Kritisiert wird auch, dass ein Militärgottesdienst stattfindet, bei dem die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) predigt. Und dass der ehemalige US-Präsident Barack Obama zum Kirchentag kommt und gemeinsam mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auftritt. Gut ist aber, wenn beim Kirchentag Leute mit unterschiedlichen Perspektiven ins Gespräch kommen und auf konstruktive Weise miteinander gestritten wird.