Kirchen mahnen strengere Regeln für Rüstungsexporte nach Israel an

Die Kirchen kritisieren deutsche Rüstungsexporte: Sie fordern strengere Kontrollen und ein Exportgesetz. Auch an den Export an Israel stellen sie Bedingungen.

Berlin, Bonn (epd). Die Kirchen fordern von der Bundesregierung, bei Rüstungsexporten nach Israel auf die Einhaltung des Völkerrechts zu achten. Es sollten keine Rüstungsexporte nach Israel genehmigt werden, wenn ein hinreichender Verdacht besteht, dass die Rüstungsgüter zu „schweren Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht“ benutzt werden, sagte der katholische Vorsitzende der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE), Karl Jüsten, am Mittwoch in Berlin bei der Vorstellung des 28. Rüstungsexportberichts.

In ihrem Bericht fordert die GKKE, Rüstungsgüter wie Panzermunition nicht nach Israel zu exportieren, „solange die israelische Regierung der Sicherheit der Zivilbevölkerung in Gaza und im Libanon keine signifikant höhere Priorität einräumt“. Jüsten bezeichnete die Haltung der Kirchen als „ambivalent“. Zwar betonten sie Israels Recht auf Selbstverteidigung sowie Deutschlands besondere Verantwortung gegenüber dem Land, doch seien auch mögliche Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht im Gaza-Streifen nicht zu ignorieren.

Die Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung kritisierte auch Rüstungsexporte an autokratische Staaten im Nahen Osten wie Saudi-Arabien oder Ägypten. „Rüstungsexporte an diese Diktaturen tragen dazu bei, deren Bevölkerung im Inneren zu unterdrücken und befeuern die Hochrüstung in der gesamten Region“, heißt es in dem Bericht. Das habe negative Folgen für die Sicherheit Israels.

Die GKKE erneuerte ihre Forderung nach einem Rüstungsexportkontrollgesetz. „Nur ein solches Gesetz könnte stabile Voraussetzungen dafür schaffen, um mit den hochriskanten Nebenwirkungen von Rüstungsexporten verantwortlich umzugehen“, sagte die evangelische Vorsitzende der GKKE, Anne Gidion. Sie kritisierte, dass die Regierung kein solches Gesetz vorgelegt habe und stattdessen Allgemeingenehmigungen für Exporte an „Werte- und Sicherheitspartner“ vergebe, ohne diese klar zu definieren. So würden neben Israel, Taiwan und der Ukraine auch Länder wie Indien, Armenien und Saudi-Arabien dazugezählt.

Die GKKE kritisiert zudem die Berichterstattung der Bundesregierung als intransparent. Den Rüstungsexportbericht für das Jahr 2023 hat die Bundesregierung erst am Mittwoch im Kabinett gebilligt. „Die Bundesregierung ist mit ihrem Bericht mindestens ein halbes Jahr zu spät“, erklärte der Fachgruppenvorsitzende der GKKE, Max Mutschler. Damit falle die Ampel-Regierung klar hinter die Vorgängerregierung zurück, die den Rüstungsexportbericht „immerhin noch vor der parlamentarischen Sommerpause“ vorlegte. Das erwartet das kirchliche Bündnis auch von der kommenden Bundesregierung.

In Ermangelung einer besseren Datengrundlage haben die Fachleute nach Angaben von Mutschler Pressemitteilungen des Bundeswirtschaftsministeriums und Antworten des Hauses von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) auf parlamentarische Anfragen ausgewertet.

Die GKKE ist ein ökumenisches Bündnis der großen christlichen Kirchen in Deutschland, das sich mit entwicklungspolitischen Fragen befasst. Einmal jährlich bewertet sie die Berichte der Bundesregierung zu Rüstungsexporten. Der Rüstungsexportbericht entsteht in Zusammenarbeit mit renommierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, unter anderem vom Bonn International Centre for Conflict Studies (BICC) und der Universität Tübingen.

Die deutschen Rüstungsexporte haben im zu Ende gehenden Jahr erneut einen Rekordwert erreicht. Nach vorläufigen Zahlen wurden zwischen dem 1. Januar und dem 17. Dezember 2024 Genehmigungen für die Ausfuhr von Rüstungsgütern im Wert von rund 13,2 Milliarden Euro erteilt, wie das Bundeswirtschaftsministerium am Mittwoch in Berlin mitteilte. Dieser Wert übertrifft den Gesamtwert des Vorjahres 2023, als Ausfuhrgenehmigungen für 12,13 Milliarden Euro erteilt wurden.

Der Genehmigungswert setzt sich aus rund 8,1 Milliarden Euro für Kriegswaffen und rund 5,1 Milliarden Euro für sonstige Rüstungsgüter zusammen. Hauptempfängerland ist erneut die Ukraine, für die Rüstungsexporte im Wert von rund 8,1 Milliarden Euro genehmigt wurden. Das macht dem Wirtschaftsministerium zufolge 62 Prozent des Gesamtwertes aus. „Die Zahl unterstreicht, dass wir weiterhin fest an der Seite der Ukraine in ihrer Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg stehen“, betonte Staatssekretär Bernhard Kluttig. Die Militärhilfen seien auch im sicherheitspolitischen Interesse Deutschlands.

Vom Gesamtwert der erteilten Genehmigungen entfallen dem Ministerium zufolge rund 11,3 Milliarden Euro und damit etwa 86 Prozent auf Genehmigungen für Ausfuhren in EU-, NATO- und NATO-gleichgestellte Länder sowie nach Korea, Singapur und in die Ukraine. Rund 1,8 Milliarden Euro, etwa 14 Prozent des Gesamtwertes, entfallen auf sonstige Drittländer.

Zusätzlich zur Veröffentlichung der vorläufigen Zahlen für 2024 hat die Bundesregierung am Mittwoch auch den Rüstungsexportbericht für das Jahr 2023 verabschiedet. Dieser zeigt, dass im Jahr 2023 Einzelgenehmigungen für Rüstungsexporte im Wert von rund 12,13 Milliarden Euro erteilt wurden. Die Ukraine war mit über einem Drittel des Gesamtwertes das Hauptempfängerland. Insgesamt entfielen etwa 89 Prozent der Genehmigungen auf EU-, NATO- und NATO-gleichgestellte Länder sowie die Republik Korea, Singapur und die Ukraine.